Gebäudeenergiegesetz: Bundesregierung verpasst Chance für Wärmewende und Klimaschutz erneut
Berlin (ots)
Deutsche Umwelthilfe kritisiert: Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz manifestiert klimapolitischen Stillstand im Gebäudebereich - CO2-Einsparungen in diesem Sektor essentiell für Klimaschutz - Heutige vorausschauende Energieeffizienzvorgaben und Maßnahmen zahlen sich langfristig für Haushalt und Klima aus und sind wirtschaftlich - Schlupflöcher stellen "Efficiency First"-Prinzip des Koalitionsvertrags in Frage
Mit über einem Jahr Verzögerung liegt nun ein Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor, das ursprünglich schon zum 1. Januar 2018 in Kraft treten sollte. In diesem sollen die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinsparungsgesetz und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammengeführt werden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass der jetzt vorliegende Entwurf des GEG weit hinter den aus Klimaschutzsicht nötigen Anforderungen zurückbleibt und damit verkennt, dass heute schon langfristig geplant werden muss. Mit dem vorliegenden Entwurf werden heute die Sanierungsfälle von morgen gebaut.
Die DUH kritisiert, dass der "Niedrigstenergiegebäudestandard" nicht ehrgeizig und vorausschauend definiert ist. Zudem enthält der Entwurf zahlreiche Schlupflöcher, mit denen sich die ohnehin schon schwachen Effizienzanforderungen für Neubauten weiter aufweichen lassen, insbesondere durch die sogenannte "Innovationsklausel".
Anhand des Entwurfs zeigt sich aus Sicht der DUH, welch geringen Stellenwert die Wärmewende für die Bundesregierung einnimmt, da wichtige klimapolitische Maßnahmen weiterhin nicht ergriffen werden. Der neue Entwurf zum GEG schreibt lediglich die derzeit geltenden energetischen Anforderungen der EnEV 2016 fort. So wird abermals das Scheitern der klimapolitischen Ziele für 2050 manifestiert.
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: "Man muss von Staatsversagen sprechen, wenn man sieht wie stiefmütterlich die Bundesregierung mit dem Energieeinsparpotential im Gebäudesektor umgeht. Das Nicht-Handeln bei zentralen klimapolitischen Maßnahmen im Gebäudebereich geht auf Kosten von Investoren, Verbrauchern und des Klimaschutzes. Dieses Nichtstun heute wird den Verbraucher zukünftig Steuern in Milliardenhöhe kosten. Der Klimaschutzbericht macht deutlich: Damit Deutschland seine verbindlichen Klimaziele bis 2030 und letztendlich den klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 erreicht, müssen sogar noch zusätzliche Maßnahmen umgesetzt werden. Es gilt alle vorhandenen CO2- und Energieeinsparpotenziale bei Gebäuden jetzt zu mobilisieren. Wir fordern von der Bundesregierung endlich eine klare Haltung pro Wärmewende über Legislaturperioden hinweg. Nur so schafft man Planbarkeit."
Die DUH kritisiert, dass die Bundesregierung mit dem derzeitigen Vorgehen und kurzfristigen agieren nach dem Motto "so wenig wie möglich" heute die Sanierungsfälle von morgen baut. Die Bundesregierung dürfe beim Thema Wirtschaftlichkeit nicht nur die Anfangsinvestitionen betrachten, sondern den gesamten Lebenszyklus und Sanierungsbedarf eines Gebäudes. Dann zeigt sich, dass sich umfangreiche Energieeffizienzmaßnahmen langfristig auszahlen. Der Gesetzesentwurf bleibt hinsichtlich des zu definierenden "Niedrigstenergiestandards" für neue, öffentliche Nichtwohn-Gebäude ab 2019 und alle anderen Neubauten ab 2021 weit hinter dem aus Klimaschutzsicht Notwendigen zurück.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Angesichts der überwältigenden Warnsignale für die fortschreitende Klimakrise ist es unbegreiflich, dass die Bundesregierung die Klimaschutzbemühungen beim Bauen auf ein Minimum reduziert. Die derzeit geltenden energetischen Anforderungen der EnEV 2016 sind weit davon entfernt, einem echten 'Niedrigstenergiestandard' zu entsprechen. Vorausschauender wäre es ganz offensichtlich bereits heute einen zukunftssicheren Neubaustandard zu definieren, der mindestens einem KfW-Effizienzhaus 40 Standard entspricht."
Die DUH kritisiert darüber hinaus, dass der Entwurf auch eine Reihe Schlupflöcher enthält, mit denen sich die ohnehin zu geringen Effizienzanforderungen de facto aufweichen ließen, darunter insbesondere die Innovationsklausel.
"Was sich im Entwurf hinter der neuen 'Innovationsklausel' verbirgt, hat zumindest mit Innovation zugunsten des Klimaschutzes wenig zu tun. Es ist zu befürchten, dass das im Koalitionsvertrag verankerte Prinzip "Efficiency-First" durch die fadenscheinige Klausel hinten runterfällt. Dabei ist es zentral, den Energiehunger im Gebäudebereich größtmöglich zu reduzieren und nicht nur auf Erneuerbare Energien zu setzen, um in diesem Sektor Treibhausgase einzusparen. Außerdem kann es nicht sein, dass in Quartieren die Treibhausgas-Emissionen von alten, unsanierten Gebäuden mit denen von neuen, energetisch ertüchtigten Gebäuden für die Gesamtbilanz verrechnet werden und es dann Gebäude erster und zweiter Klasse gibt", so Müller-Kraenner weiter."
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