Hessische Gesetzesinitiative zum Dosenpfand zielt auf den Zusammenbruch des Mehrwegsystems
Ministerpräsidenten Koch und Stoiber wollen "Freie Fahrt für Einweg"
Berlin (ots)
Deutschland kehrt zu den wahren Problemen unserer Zeit zurück und fügt der endlosen Dosenpfand-Story ein weiteres Kapitel hinzu: "Hessen führt einen Generalangriff auf das Mehrwegsystem in Deutschland aus und will >Freie Fahrt für Einweg<, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. Unter Hinweis auf eine Eilmeldung des Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL über den Widerstand des Landes Baden-Württemberg gegen die bayrisch-hessische Gesetzesinitiative fordert Resch die heute Abend in München tagenden Umweltminister der CDU auf, die Argumente ihres baden-württembergischen Amtskollegen ernst zu nehmen und sich wieder auf den Mehrwegschutz zu besinnen.
Als einen "Super-Gau für Mehrweg" und einen Rückschritt in die "Steinzeit des Umweltschutzes" bewertet Roland Demleitner, Geschäftsführer des Verbandes mittelständischer Privatbrauereien die hessische Gesetzesinitiatve zur ersatzlosen Abschaffung des Dosenpfandes. "Es gibt keinen Grund, an der seit dem 1. Januar 2003 geltenden Pfand- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen zu rütteln, die sich bestens bewährt hat. So ist die Mehrwegquote bei Bier durch das Dosenpfand von zuletzt knapp 70% auf über 92% in 2003 angestiegen."
"Das Verhalten der CDU-geführten Länder in Sachen Dosenpfand erinnert fatal an das unwürdige Pokerspiel um den zukünftigen Bundespräsidenten", so Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels. "Mit der vorgeschlagenen Kombiquote verabschiedet sich die Hessische Landesregierung von dem seit Bundesumweltminister Töpfer gültigen Prinzip "Vermeidung vor Verwertung".
Die derzeitige Pfandpflicht nach der bestehenden VerpackV hat alle Erwartungen erfüllt: Der freie Fall der Mehrwegquote wurde gestoppt, sie liegt im Gesamtjahr 2003 wieder bei 60,6%. Die 14.000 mehrwegorientierten Betriebe der Getränkewirtschaft erleben erstmals wieder einen Innovationsboom bei neuen Gebinden wie der 0,5l PET-Mehrwegflasche. Neue Produkte werden nun überwiegend in Mehrweg angeboten. In der Folge profitieren diese Betriebe durch Umsatzsteigerungen in oft zweistelliger Höhe.
Kein Verständnis hat die Mehrwegallianz für Überlegungen, das bewährte Instrument Pflichtpfand wieder abzuschaffen und durch eine sog. Kombiquote zu ersetzen, die beispielsweise in Österreich zum beschleunigten Zusammenbruch des Mehrwegsystems geführt hat und dem im Kreislaufwirtschaftsgesetz verankerten Grundsatz "Vermeidung vor Verwertung" zuwider läuft.
Die Unionsparteien in Bund und Ländern müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Pflichtpfand kleinen und mittelständischen Mineralbrunnen, Limonadenabfüllern, Brauereien und Betrieben des Getränkefachhandels nach Jahren des Rückgangs neben Umsatzzuwächsen auch ca. 12.000 neue Arbeitsplätze gebracht hat und ca. 200.000 Arbeitsplätze langfristig sichert. Bewertung:
· Die hessische Gesetzesinitiative zielt auf die völlige Zerstörung der Mehrwegwirt-schaft in Deutschland. Hessen hält diederzeitige Mehrwegquote damit für zu hoch und will diese absenken! Die Mehrwegquote soll danach bei Bier, Wasser und Erfrischungsgetränkemit CO2 um 18 - 19 Prozent gegenüber 2003 abgesenkt werden! (Begründung: Bei den drei genannten Getränkesegmenten beträgt die derzeitige Mehrwegquote 78 - 79%). · Die gültige Verpackungsverordnung sieht eine Mehrwegschutzquote von 72% vor. Rechnet man den Hessen-Vorschlag einer 60%-Quote (für Bier, Wasser und Erfrischungsgetränke mit CO2) auf alle Getränke hoch ergibt sich eine neue Gesamtschutzquote von nur noch 47%. · Die Hessische Gesetzesinitiative sieht eine ersatzlose und vollständige Abschaffung des Pflichtpfandes auf Getränkeeinwegverpackungen vor. Diese wird zu einem sofortigen und umfassenden Zusammenbruch des Mehrwegsystems in Deutschland führen. Durch die raffinierte Terminsetzung träte frühestens in drei Jahren (2007) eine Minimalabgabe in Höhe von 2 Cent für eine Dose Red Bull oder 3 Cent für eine Dose Cola in Kraft. Dies ist weniger als die Gebühr für den Grünen Punkt, die bislang ebenfalls keinerlei Lenkungswirkung entfaltet hat! · Der hessische Vorschlag würde zu einer Wiedervermüllung der Landschaft mit jährlich ein bis zwei Milliarden Dosen und Einwegflaschen führen. · Von der Kombiquote profitiert nur die Einweglobby sowie das DSD (dessen Vorstandsvorsitzender Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist und dort aus die Interessen seines Unternehmens durchsetzt). Dies geht selbst Regierungsmitgliedern der CDU in den Ländern zu weit: So warnt der baden-württembergische Umweltminister Ulrich Müller vor der beabsichtigten Steuereintreibung via DSD und weist auf kartellrechtliche Probleme (Kontrahierungszwang) dieser Selbstbedienungsregelung des DSD. · Der hessische Vorschlag ist selbst innerhalb von CDU und FDP heftig umstritten. BDI und DIHK haben allen Abgaben- und Steuerlösungen ihren erbitterten Wider-stand angekündigt. Bisher katastrophale Erfahrungen (Zusammenbruch des Mehrwegsystems) wo eine Kombinationsquote eingeführt wurde (Österreich). Derzeit wird in Wien die Abschaffung der Kombiquote und Einführung eines Pfandes nach deutschem Vorbild diskutiert. · Keine Schutzwirkung auch durch die 90%ige Kombiquote mit integrierter 60%igen Mehrwegquote. Bei diesen Werten genügt für den Einweganteil eine Verwertungs-quote von 70% was das DSD lt. Mengenstromnachweis bei allen relevanten Verpackungsarten bereits seit Jahren übererfüllt. · Die Gesetzesinitiative ist voller handwerklicher Fehler, die Mehrwegallianz kann sich in weiten Passagen nur den Ausführungen des baden-württembergischen Umweltministers Ulrich Müller anschließen. Seine Argumente: Erheblicher bürokratischer und finanzieller Aufwand, die Regierung ist juristisch leicht angreif- und aufhebbar. Müller wies in seinem Schreiben vom 2.3.2004 auf seine "rechtliche Bedenken"hin und sieht zudem die Wiederverwendungsquoten als "leicht zu erreichen" und tritt für die Beibehaltung des Dosenpfandes ein.
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