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Verbindung zwischen Wintershall-Gasförderung und russischen Kampfflugzeugen: Verbände fordern Nutzung der Gewinne für Ukraine-Wiederaufbau und Ausstieg aus fossilem Geschäft

Berlin (ots)

  • Recherchen von Spiegel und ZDF enthüllen Verbindung zwischen Wintershall-Gasförderung und russischen Kampfflugzeugen
  • Wintershall macht steigende Gewinne mit fossilem Gas - Russland profitiert mit
  • Verbände fordern vollständige Besteuerung, Nutzung der Gewinne für Wiederaufbau der Ukraine und Ausstieg aus fossilem Geschäftsmodell

Die BASF-Tochter Wintershall Dea verkauft an ihr russisches Partnerunternehmen Gazprom große Mengen Gaskondensat, eine erdölähnliche Flüssigkeit, die zur Herstellung von Flugzeugtreibstoff verwendet werden kann. Dies zeigt eine am Freitagabend veröffentlichte Recherche von Spiegel und ZDF. Demnach beliefert Gazprom damit eine Reihe russischer Luftwaffenstützpunkte an der ukrainischen Grenze mit Kerosin - darunter Morozovsk und Woronesch, wo SU-34-Kampfflugzeuge stationiert sind. Diese sind laut Menschenrechtsgruppen in Kriegsverbrechen verwickelt, darunter ein Angriff auf Zivilistinnen und Zivilisten in Tschernihiw am 3. März, bei dem 47 Menschen getötet wurden.

Wintershall Dea hat die Fortführung der Aktivitäten in Russland bislang damit begründet, dass ihre Gasproduktion in sibirischen Feldern zur europäischen Energiesicherheit beiträgt. Die russischen Gaslieferungen nach Europa wurden jedoch vom Kreml mittlerweile erheblich eingeschränkt. Spätestens seit der Zerstörung von drei der Nord Stream Pipelines ist dieses Argument endgültig hinfällig geworden. Die Förderung fossiler Brennstoffe in Russland wird für Wintershall immer lukrativer: Von Januar bis September dieses Jahres hat das Unternehmen 1,272 Milliarden Euro (bereinigtes Nettoergebnis) an der gemeinsamen Öl- und Gasproduktion mit Gazprom in Russland verdient. Das ist fünfmal so viel wie im Vergleichszeitraum 2021 und macht über die letzten drei Quartale 2022 59,8 Prozent der gesamten Unternehmensgewinne mit der Öl- und Gasproduktion aus. Zudem hat das Unternehmen in diesem Zeitraum 320 Millionen Euro Einkommenssteuer sowie 400 Millionen Euro an sogenannten Fördersteuern in Russland gezahlt, wie auch der Spiegel und das ZDF hervorheben.

Jon Noronha-Gant, Senior Campaigner bei Global Witness: "Jedes Unternehmen, das Gazprom in Russland beliefert, riskiert, den Krieg zu schüren. Die Präsenz von Wintershall Dea in Russland untergräbt die deutsche Unterstützung für die Ukraine. Die Bundesregierung sollte daher die Gewinne Wintershall Deas aus Russland zu 100 Prozent besteuern und sie zur Finanzierung des ukrainischen Wiederaufbaus verwenden."

Svitlana Romanko, Gründerin der ukrainischen NGO Razom We Stand: "Als Ukrainerin bin ich schockiert, dass ein deutsches Unternehmen dabei hilft, Russlands Kriegsmaschinerie mit Kerosin zu beliefern. Die russischen Jets, die täglich mein Land bombardieren, töten unschuldige Menschen, oft im Rahmen von mittlerweile nachgewiesenen Kriegsverbrechen. Die deutsche Bevölkerung sollte genauso entsetzt sein wie ich, dass ein deutsches Unternehmen in irgendeiner Weise mit solchen brutalen Kriegsverbrechen in Verbindung steht. Ich fordere Deutschland auf, die Gewinne von Wintershall Dea aus ihren russischen Aktivitäten sofort zu 100 Prozent zu besteuern - und dies auch bei allen anderen fossilen Unternehmen, die von Russlands brutalem Krieg profitieren, so zu handhaben. Die eingenommenen Gelder sollten der Ukraine zur Verfügung gestellt werden, um den Wiederaufbau zu unterstützen."

Sonja Meister, Energie-Kampaignerin bei urgewald: "Die Enthüllungen von Spiegel und ZDF erfordern ein sofortiges Handeln. Wintershall Deas Management kann sich nicht mehr herausreden. Die engen Verbindungen zu Gazprom müssen endlich gekappt und das gesamte Russlandgeschäft aufgeben werden. Die Bundesregierung darf nicht hinnehmen, dass ein deutsches Unternehmen mit einem Lieferanten von Treibstoff für russische Bomber weiter Geschäfte macht. Es ist an der Zeit, politischen Druck auf Wintershall Dea auszuüben, Russland sofort zu verlassen. Die blutigen Profite aus Russland müssen zudem als Reparationen für den Wiederaufbau der Ukraine besteuert werden."

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe: "Wintershall Dea hat fast die Hälfte ihrer gesamten Öl- und Gasproduktion in Russland konzentriert. Wir brauchen mehr als leere Worte über den angeblichen Stopp aller Finanzströme mit Russland: Wintershall Dea muss jetzt einen radikalen Wandel in ihrem Geschäftsmodell vollziehen. Das Unternehmen muss seine fossile Produktion so schnell wie möglich beenden, um auch nur eine entfernte Chance zu haben, noch im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu stehen. Die Beendigung des Russland-Geschäfts wäre ein naheliegender erster Schritt in Richtung eines Ausstiegs aus dem rein fossilen Portfolio."

In einer Antwort an den Spiegel bestreitet Wintershall Dea einen direkten Zusammenhang zwischen der fraglichen Gaskondensatproduktion und den russischen Anschlägen und bezeichnete diesen als "konstruiert". Das Gaskondensat werde "zu vielen verschiedenen petrochemischen Produkten weiterverarbeitet", heißt es.

Die Enthüllungen von Spiegel und ZDF zu Wintershall Dea sind auch vor dem Hintergrund einer Strafanzeige gegen den französischen Ölkonzern TotalEnergies zu sehen. Diese wurde am 13. Oktober bei der Nationalen Anti-Terrorismus-Staatsanwaltschaft in Paris wegen vermuteter Beteiligung an Kriegsverbrechen eingereicht. TotalEnergies hielt bis vor kurzem eine wirtschaftliche Mehrheitsbeteiligung an einem sibirischen Gasfeld, das mit denselben russischen Luftwaffenstützpunkten in Verbindung gebracht wird wie jetzt im Fall von Wintershall Dea. TotalEnergies bestreitet diesen Vorwurf.

Pressekontakt:

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de

Sonja Meister, Energie-Kampaignerin urgewald
0176 64608515, sonja.meister@urgewald.org

Svitlana Romanko, Gründerin Razom We Stand
svitlana@razomwestand.org

Louis Wilson, Global Witness
lwilson@globalwitness.org

DUH-Newsroom:

030 2400867-20, presse@duh.de

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