Drohende Gasbohrungen vor Borkum: Deutsche Umwelthilfe fordert Landesregierung Niedersachsen auf, die deutsche Teilgenehmigung zurückzunehmen
Berlin (ots)
- Bohrstart auf Kosten von Umwelt und Natur: Bohrinsel des niederländischen Konzern One-Dyas ist heute vor der Küste von Borkum angekommen
- Baustopp per Eilantrag: DUH hat beim höchsten niederländischen Gericht einstweiligen Rechtsschutz und Baustopp beantragt
- DUH reicht zudem auf deutscher Seite Widerspruch gegen Seekabel zur Energieversorgung der Gasbohrinsel ein
- DUH und ihre Partner fordern die Landesregierung Niedersachsen auf, die deutsche Teilgenehmigung zurückzunehmen und bedrohte Riffe in der Nordsee zu schützen
Die Bohrplattform "Prospect 1" ist heute Morgen vor der Küste von Borkum angekommen. Mit dieser plant der Konzern One-Dyas den Start der Gasbohrungen in der Nordsee. Vorausgegangen war eine plötzlich neue Genehmigung der Arbeiten, nachdem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und ihre Partner im April vor dem zuständigen niederländischen Gericht einen Baustopp erreicht hatten. Die DUH weitet die rechtlichen Schritte gegen das Projekt nun aus: Bereits am Freitag hat die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation per Eilantrag beim Raad van State, dem höchsten niederländischen Gericht, einen Baustopp der neu genehmigten Arbeiten beantragt.
Nun legen die DUH, der BUND Niedersachsen und die Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland zusätzlich Widerspruch gegen die ihnen erst jetzt bekannt gewordene Genehmigung zur Verlegung eines Seekabels ein, welches unter Zerstörung wertvoller geschützter Unterwasserbiotope für die Energieversorgung der Gasbohrinsel sorgen soll. Die DUH und ihre Partner fordern die Landesregierung Niedersachsen auf, die deutsche Teilgenehmigung umgehend zurückzunehmen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Während in Süddeutschland Hochwasser als Folge der Klimakrise ganze Ortschaften verwüstet, beginnt ein fossiler Konzern in der Nordsee neue Gasförderung. Das ist völlig aus der Zeit gefallen und auch klimapolitisch das falsche Signal. Aber auch für die einmalige Natur der Nordsee bedeuten der Bau der Bohrinsel und die Verlegung des Seekabels einen schweren negativen Eingriff. Für die Menschen auf den nahen Inseln würde damit ihre Heimat gefährdet. Jetzt muss endlich auch die Landesregierung Niedersachsen aktiv werden, das Projekt auf deutscher Seite stoppen und als ersten Schritt die bereits erteilte Genehmigung für das Seekabel zurücknehmen."
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hatte die Genehmigungen bereits im Oktober 2022 erteilt. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung oder Bekanntgabe des Bescheides gab es jedoch nicht. Nach Analyse und Bewertung der Genehmigung durch die DUH und ihrer Partner steht jedoch fest, dass die Kabeltrasse zu einer Zerstörung von gesetzlich geschützten Riffen führt, die zwischenzeitlich durch Gutachter dokumentiert wurden.
Dirk Teßmer, Rechtsanwalt der DUH: "Eine irreversible Zerstörung gesetzlich geschützter Riffbiotope ist unzulässig. Die Genehmigung der Kabeltrasse ist ausweislich der Akten in Unkenntnis der Existenz der Riffe ergangen. Wäre seinerzeit eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden, hätte die Problematik bereits frühzeitiger erkannt werden und die Fehlinvestition vermieden werden können. Nun hat die Verwaltung des zuständigen Landesumweltministers Christian Meyer die offensichtlich rechtswidrige Genehmigung zwingend zurückzunehmen. Eine fehlerfreie Genehmigung kommt auch künftig nicht in Betracht, da die Riffvorkommen auch nach den Vorgaben des europäischen Naturschutzrechts unter besonderen Schutz gestellt werden müssen."
Das rechtliche Vorgehen gegen die geplanten Gasbohrungen sowie gegen die Genehmigung des Seekabels treibt die DUH im engen Schulterschluss mit einem Bündnis deutscher und niederländischer Umweltorganisationen voran.
Bernd Meyerer, Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland: "Spätestens nachdem nun durch umfangreiche Tauch- und Sonaruntersuchungen klar ist, dass das Seekabel ein höchst schützenswertes Steinriff durchschneiden würde, darf dieses Kabel nicht mehr durch dieses Gebiet verlegt werden. Den regenerativen Strom vom Windpark Riffgat, der bisher bis zu 120.000 Haushalte mit sauberer Energie versorgen konnte, dafür zu missbrauchen, die Stickstoff- und CO2-Emissionen der fossilen Gasförderung von One-Dyas nach Deutschland zu verlagern, um das Projekt in den Niederlanden genehmigungsfähig zu machen, ist trickreiches Greenwashing. Der Fehler, die wertvollen Steinriffe nicht in die Genehmigungsentscheidung einbezogen zu haben, muss schleunigst korrigiert werden. In der Konsequenz muss auch die Gesamtgenehmigung für das rückwärtsgewandte fossile Projekt negativ beschieden werden."
Susanne Gerstner, Landesvorsitzende BUND Niedersachsen: "Dass der ehemalige Umweltminister Olaf Lies in den letzten Tagen seiner Amtszeit in 2022 die Genehmigung des Seekabels an der kritischen Öffentlichkeit vorbei ermöglicht hat, ist empörend. Sein Nachfolger Christian Meyer muss diese Genehmigung umgehend zurücknehmen, das gesamte Vorhaben muss gestoppt werden! Die geplanten Bohrungen stehen im krassen Widerspruch zum Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer, den selbst gesetzten Klimazielen der rot-grünen Landesregierung und internationalen Verpflichtungen zum Klima- und Naturschutz. Wird das Vorhaben entgegen aller Vernunft durchgepeitscht, steht der Welterbestatus des Wattenmeers auf dem Spiel!"
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Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz DUH
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Susanne Gerstner, Landesvorsitzende BUND Niedersachsen
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Bernd Meyerer, Sprecher Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland
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Dirk Teßmer, Rechtsanwalt der DUH
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