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Der Tagesspiegel: Jörg Schönbohm: Die Wahrheit über das DDR-System wird verschwiegen
Brandenburgs Innenminister warnt vor 68er-Phänomen in Ostdeutschland

Berlin (ots)

Berlin - Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm
(CDU) hat vor einer systematischen Verherrlichung der DDR-Diktatur in
Ostdeutschland und den gefährlichen Folgen für die Demokratie 
gewarnt. "Ich stoße im Osten nach wie vor auf eine tief sitzende 
Ablehnung unseres marktwirtschaftlichen Systems", sagte Schönbohm dem
"Tagesspiegel am Sonntag". Fast 20 Jahre nach dem Mauerfall erkenne 
er immer noch "zwei Gesellschaften" in Deutschland. Schuld daran 
seien "40 Jahre Indoktrination" der Menschen durch die Diktatur und 
das "Fehlen von bürgerlichen Eliten". Dies wirke bis heute nach.  Der
Veränderungsdruck, der auf den Ostdeutschen Anfang der neunziger 
Jahre lastete und Fehler, die bei der deutschen Einheit gemacht 
wurden, hätten später dazu geführt, sagte Schönbohm, dass im Osten 
haften geblieben sei: "Marktwirtschaft gleich blanke Existenznot." 
Dies führe zu "innerlicher Distanzierung" von Staat und Demokratie, 
die die Ostdeutschen nun auch auf ihre Kinder übertrügen.
Gleichzeitig stelle er eine anhaltende Verherrlichung des 
DDR-Systems im Alltag fest. Als Beispiel nannte der Innenminister die
Darstellung der DDR-Staatssicherheit in ostdeutschen Schulen als 
"ganz normalen Geheimdienst", die Leugnung von Ausländerfeindlichkeit
in der DDR, aber auch das Festhalten an Straßennamen von Kommunisten 
wie Clara Zetkin oder Karl Marx. Er stelle fest: "Über die 
Verantwortung des Einzelnen in der Diktatur wird heute in 
Ostdeutschland eisern geschwiegen." Das sei falsch.
Schönbohm forderte Parteien, Gewerkschaften und Kirchen auf, einen
öffentlichen Diskussionsprozess über die Diktatur zu initiieren. 
"Deutschland hat schon einmal über eine Diktatur geschwiegen", warnte
Schönbohm. Das habe später - 1968 - schlimme Folgen gehabt. Er selbst
sei mehrfach in den letzten Jahren in Situationen geraten, in denen 
er dafür an den Pranger gestellt wurde, weil er geschichtliche 
Wahrheiten über die DDR und die Sowjetunion ausgesprochen habe. Ein 
solches Verhalten sei "gefährlich für die Zukunft". 1968 habe 
Deutschland schon einmal erlebt, was das Verschweigen von Wahrheiten 
kostet. Nun warnt der CDU-Politiker: "Wir sind drauf und dran, den 
gleichen Fehler noch einmal zu machen."
Bei Rückfragen:
"Tagesspiegel am Sonntag"
Politikredaktion
Tel.: 030/26009389

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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