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Der Tagesspiegel: Berliner NPD will Migranten-Politiker einschüchtern

Berlin (ots)

Landeschef schickte Briefe an Bundestagskandidaten
als "Ihr Ausländerrückführungsbeauftragter"
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf 
Volksverhetzung
Berlin - Die Berliner NPD versucht, ihren lahmen Wahlkampf mit 
einer derben Provokation doch noch in Schwung zu bringen - und hat 
sich prompt ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft 
eingehandelt. Wenige Tage vor der Bundestagswahl schickte  die 
rechtsextreme Partei einen Brief an mehrere Politiker mit 
Migrationshintergrund. Den Angeschriebenen wird verkündet, sie hätten
Deutschland zu verlassen.  Das zweiseitige Schreiben, das wie eine 
amtliche "Bekanntmachung" aufgemacht ist, in der "Ihr 
Ausländerrückführungsbeauftragter informiert", haben unter anderem 
türkischstämmige Bundestagskandidaten per Post an ihre Privatadresse 
erhalten. Es solle sie "mit den Einzelheiten Ihrer Heimreise" 
vertraut machen, heißt es darin.
   Die NPD bestätigte, den Brief am Wochenende verschickt zu haben. 
Der Briefumschlag kam ohne Absender, als Verantwortlicher wird 
allerdings der Berliner NPD-Chef Jörg Hähnel aufgeführt. Die 
Staatsanwaltschaft reagierte rasch: Nach Prüfung  des Pamphlets 
leitete sie am Montag  ein Ermittlungsverfahren gegen Hähnel ein. Es 
gebe den Anfangsverdacht auf Volksverhetzung, sagte der Leiter der 
Staatsschutzabteilung, Oberstaatsanwalt Michael von Hagen, dem 
Tagesspiegel.
   Die "Bekanntmachung", die laut Hähnel demnächst auch bei anderen 
Einwanderern im Briefkasten landen wird, soll offiziell klingen: 
Gemäß einem "Fünf-Punkte-Plan" würden "Ausländer schrittweise in ihre
Heimatländer zurückgeführt", Auszahlungsansprüche aus der 
Sozialversicherung würden zwar bestehen, allerdings sollten sich die 
Betroffenen "schon jetzt" um Unterkunft und Arbeit in den 
Heimatländern kümmern.
    Der Grünen-Politiker Özcan Mutlu ärgerte sich über die 
postalische Belästigung vom Samstag. "Die haben immer noch nicht 
verstanden, dass dieses Land auch unser Land ist", sagte Mutlu. Er 
erhalte oft E-Mails und Drohbriefe von Rechtsextremen, daran habe er 
sich leider gewöhnt. Diesmal, so befürchtet er, könnten Einwanderer 
erschreckt sein, die nicht erkennen, dass der NPD-Brief "eine billige
Wahlkampfmasche ist", ohne irgendeine rechtliche Grundlage.
   Der auch in der eigenen Partei umstrittene NPD-Landeschef Hähnel  
(interner Spitzname "Hähnchen") ist schon vor dem Brief  zweimal mit 
der Justiz aneinandergeraten: Im Juli bestätigte zunächst das 
Landgericht eine Verurteilung durch das Amtsgericht Tiergarten. 
Hähnel hatte im Dezember 2007 in einer Sitzung der 
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg, der er seit drei Jahren 
angehört, den 1919 von Soldaten verübten Mord an Rosa Luxemburg und 
Karl Liebknecht gebilligt. Das Landgericht setzte allerdings die 
Geldstrafe herab. Wenige Tage später kam das nächste Urteil: Das 
Amtsgericht verhängte eine weitere Geldstrafe, weil Hähnel im 
November 2008 Mitglieder der BVV Lichtenberg mit dem Spruch beleidigt
hatte, "wer dem Wort Integration zustimmt, muss sich auch gefallen 
lassen, als Verbrecher bezeichnet zu werden". Beide Urteile sind noch
nicht rechtskräftig.
Senatssprecher Richard Meng bewertet die nun von Hähnel verschickten 
Briefe als "widerlich" und "unanständig". Er könne nur raten, die 
Schreiben direkt in den Papierkorb zu werfen. Die neue Provokation 
ist offenkundig Teil einer Strategie der NPD, im Superwahljahr um 
jeden Preis Aufmerksamkeit zu erringen. Mit mäßigem Erfolg: In 
Sachsen gelang der Wiedereinzug in den Landtag eher knapp, in 
Thüringen blieb die Partei draußen, im Westen ist sie bedeutungslos, 
in Brandenburg sind die Chancen am Sonntag gering. Bei der 
Bundestagswahl hat sie keine.
Die Informationen stehen Ihnen bei Nennung der Quelle Tagesspiegel
zur Verfügung.
Mit freundlichem Gruß,
Frank Jansen (Tel.: 030 - 26009 - 0)

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de

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