Pressestimmen: Kapitale Köpfe Können höhere Ausgaben für die Bildung das Rentenproblem lösen?
Berlin (ots)
Würde eine Bildungsoffensive das deutsche Rentenproblem lösen? SPD- Generalsekretär Olaf Scholz hatte diesen Zusammenhang kürzlich im Tagesspiegel-Interview hergestellt. Es ginge darum, möglichst viele Menschen gut auszubilden und sie in qualifizierte Arbeit zu bringen, damit sie nicht im Alter auf staatliche Transferleistungen angewiesen seien. Deutschland müsse folglich viel mehr Geld als bisher in die Bildung seiner Kinder und Jugendlichen investieren. Das sei "von größerer Bedeutung als das konkrete Rentenniveau", sagte Scholz.
Damit knüpfte der Generalsekretär an eine Erklärung des Bundeskanzlers zum Reformprojekt Agenda 2010 an. In fast allen Ausgabenbereichen müsse der Staat sparen, sagte Schröder Mitte August, aber in der "Bildung, Kinderbetreuung sowie Forschung und Entwicklung seien zusätzliche Anstrengungen erforderlich". Zuvor hatte schon Wirtschaftsminister Clement "mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung" gefordert, damit Deutschland international wettbewerbsfähig bleibe.
Olaf Scholz war es allerdings, der die geplante Bildungsoffensive mit der Rentendiskussion in Verbindung brachte - und dafür sofort scharf von der Opposition kritisiert wurde. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Friedrich Merz, nannte es den "Gipfel der Unverschämtheit", Ausbildungsprogramme durch Einsparungen bei den Renten zu finanzieren. Einen solchen Zusammenhang habe er gar nicht hergestellt, wehrte sich Scholz und wiederholte, dass eine "gute und frühzeitige Ausbildung wichtig für die Beschäftigungspolitik" sei.
Zu dieser Debatte befragte die Bildungsredaktion des Tagesspiegels jetzt unter anderem Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung. Wir zitieren die Ministerin folgendermaßen: "Natürlich müssen wir in Deutschland mehr in Bildung und Forschung investieren! Und genau das tun wir auch seit Jahren. Der Bildungshaushalt ist unter Rot-Grün kontinuierlich gestiegen, nach jahrelangen Kürzungen in den Neunzigerjahren. Aber Geld allein ist nicht alles! Wir müssen auch bereit sein, Strukturen zu verändern und Inhalte zu überdenken. Natürlich geht es dabei auch um die Frage der Gerechtigkeit. Das heißt, alle jungen Menschen nach ihren Begabungen zu fördern - unabhängig von den Chancen, die sie aus ihrem Elternhaus mitbekommen. Deshalb ist es auch gerecht und notwendig, an dem Grundsatz festzuhalten, allen jungen Menschen eine kostenfreie Erstausbildung zu garantieren. Ein Aspekt, der bei der Debatte über die Generationengerechtigkeit nicht fehlen darf."
Karin Wolff, Hessische Kultusministerin (CDU) und Vorsitzende der KMK: "Bildung ist die wichtigste Ressource in unserem Land. Deshalb haben die Kultusminister längst ihre Bildungsoffensive gestartet. Das A und O dabei ist guter Unterricht. Mit hoher sichern wir die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen. Mehr Geld allein wird weder unsere Ergebnisse bei Bildungsstudien verbessern, noch das Rentenproblem lösen. Wer das Rentenniveau dauerhaft sichern will, muss zuallererst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Zum Thema Bildungsausgaben nur so viel: Während Hessen seit 1999 den Bildungshaushalt um 30 Prozent gesteigert hat, kürzt der Bund seine Ausgaben in diesem Jahr um 155 Millionen Euro."
Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, sagt: "Die deutsche Wirtschaft beobachtet mit Sorge das wachsende Phänomen der fehlenden Ausbildungsreife bei Schulabsolventen. Die sozialen Folgen für die Betroffenen und für die Gesellschaft werden immer offensichtlicher. Bedauerlicherweise stagnieren die Bildungsausgaben in Deutschland. Qualität von Bildung misst sich allerdings nicht alleine am investierten Geld, sondern auch an der effizienten Mittelverwendung und den Leistungen. Deshalb müssen wir uns im Bildungswesen mehr am Output orientieren und Qualität kontrollieren. Notwendig dafür sind ein umfassendes Qualitätsmanagement an Schulen und Hochschulen, die Einführung von Bildungsstandards und ein Bildungsmonitoring. Die Lehrergehälter müssen leistungsorientiert gestaltet werden."
Karl Max Einhäupl, Vorsitzender des Wissenschaftsrates und Neurologe an der Charité: "Ein Volk, das auf Grund eines hohen Bildungsniveaus viel erwirtschaftet, wird auch ein hohes Rentenniveau haben. Die zukünftige wirtschaftliche Kraft Deutschlands ist stark verbunden mit dem wissenschaftlichen Engagement. Wo sich heute exzellente Wissenschaft etabliert, wird in zwei Dekaden die Wirtschaft blühen. Wissenschaft muss aber zurückgreifen können auf ein Reservoir von gut gebildeten Schulabgängern. Hier haben wir drei Probleme: Die Zahl der Studienanfänger ist mit 30 Prozent eines Jahrganges viel zu niedrig. Gerade in den neuen Bundesländern droht eine katastrophale demographische Entwicklung. Und auch die Qualität der Schulabgänger muss gesteigert werden. Diesen Dreisprung zu vollziehen, bedarf es einer ungeheuren Anstrengung."
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