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Der Tagesspiegel: Polens Präsident bestreitet These vom starken Antisemitismus in Osteuropa
Kwasniewski widerspricht dem Vizevorsitzenden des Zentralrats, Korn

Berlin (ots)

Warschau. Polens Präsident Aleksander Kwasniewski
weist den Vorwurf zurück, dass der Antisemitismus in Osteuropa größer
sei als im Westen. "Man muss den Antisemitismus überall bekämpfen, wo
er auftritt, aber man kann ihn nicht einem Volk oder einer Region
anlasten", sagte Kwasniewski dem "Tagesspiegel". Er widersprach damit
dem Vizevorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland,
Salomon Korn. Der hatte gewarnt, durch die EU-Erweiterung wachse die
Gefahr des Antisemitismus. "Ich kann nicht sehen, dass der
Antisemitismus bei uns größer ist als im Westen", sagte Kwasniewski,
dessen Bemühen um Verständigung mit dem Judentum Ignatz Bubis, der
verstorbene Vorsitzende des Zentralrats, oft hervorgehoben hatte. Er
wies auch Korns Behauptung zurück, dass "das Phänomen in den acht
mitteleuropäischen Beitrittsländern noch nicht einmal im Ansatz
aufgearbeitet" sei. Polen zum Beispiel habe nach ausführlicher
Debatte ein Denkmal für die 1941 in Jedwabne ermordeten Juden
errichtet, baue ein Jüdisches Museum in Warschau und unterstütze
öffentlich die Rückkehr jüdischen Lebens in das Land, in dem bis zum
Holocaust die meisten Juden lebten. Kwasniewski forderte Europa zudem
auf, die große Freude vieler Menschen über die Erweiterung ernst zu
nehmen und nicht die Probleme und Ängste hervorzuheben. Einen
frühzeitigen Rückzug der polnischen Truppen aus dem Irak schloss er
aus. "Wir werden nicht den spanischen Weg gehen." Er forderte aber
eine UN-Resolution. "Der EU-Beitritt ist für uns ein großer
historischer Moment und Anlass zum Jubel. Diese Gefühle muss man
ehren. Die Erweiterung bringt auch Probleme mit sich, aber die
Chancen sind größer. Und die Hoffnung stärker als die Furcht. Wir
Polen können uns noch riesig freuen, dass wir künftig mit dem
Personalausweis frei durch Europa reisen dürfen." Der Beitritt
fordere Polen einen Mentalitätswechsel ab. "Die EU ist nicht mehr ein
äußerer Partner, sondern wir sind ein Teil von ihr." Die Polen
dürften die Dinge nicht mehr auf sich zukommen lassen, sondern
müssten eine aktive Haltung zur Verfassung oder zur
Sicherheitspolitik entwickeln. "Wenn wir über die EU lachen, lachen
wir über uns selbst." Der Präsident bekräftigte, dass Polen seine
Truppen in voller Stärke im Irak belassen werde, auch nach dem 30.
Juni. Das gelt auch für die im polnischen Sektor stationierten
bulgarischen Truppen "Ich habe unseren Soldaten immer gesagt, dass
wir die Macht so früh wie möglich den Irakern übergeben. Aber auch,
dass wir die Aufgabe zu Ende bringen müssen, ehe wir gehen können.
Ein zu früher Abzug bedeutet Chaos." Er verteidigte den Krieg. "Wir
waren der Meinung , dass Saddams Sturz ein sinnvoller Teil des
Kampfes gegen den Terror ist. Ich bin auch heute überzeugt, dass der
Irak es ohne ihn besser hat." Jetzt sei "die politische Initiative
wichtiger als militärische Maßnahmen". Die neue Verfassung für den
Irak sei beschlossen, am 30. Juni werde die Macht an eine
Übergangsregierung übergeben, 2005 folgten freie Wahlen. Er erwarte
den baldigen Beschluss einer UN-Resolution. Die erlaube es weiteren
Staaten, insbesondere islamischen, Friedenstruppen unter UN-Flagge zu
stellen. "Ohne die Resolution wird es kompliziert." Er habe in den
USA stets auf ein UN-Mandat gedrungen und zu einer engeren
Zusammenarbeit mit Deutschland und Frankreich geraten. Der Streit um
Irak sei jedoch "kein Bruch, sondern eine Episode."
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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