Der Tagesspiegel: Katholische Kirche lehnt Streichung des 3. Oktober ab
Berlin (ots)
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann erklärte gegenüber dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe), über Feiertage dürfe nicht nach Kassenlage und Konjunktur verfügt werden. "Beim 3. Oktober geht es um eine kulturpolitische Frage, die nicht ausschließlich im Blick auf eine Steigerung des Brutto- Sozialprodukts beantwortet werden sollte." Auch existiere kein direkter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Zahl der Feiertage und der Wirtschaftsleistung. So gehe es einer Reihe von Bundesländern mit vielen Feiertagen ökonomisch besser als Bundesländern mit weniger Feiertagen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, nannte den Vorschlag einen Skandal und eine Schande. Wer glaube, er könne Deutschland durch solche fiskalischen und technokratischen Reformen wieder auf die Beine helfen, "zeigt vor allem, wie wenig er mit diesem Land und seiner Geschichte verbunden ist". Der Frankfurter Sozialethiker Friedhelm Hengsbach empfahl dem Bundeskanzler, er sollte seine freie Zeit am 3. Oktober mal dazu nutzen, sich noch einmal in das ökonomische Alphabet zu vertiefen und die Lehrbücher der Volkswirtschaft zu studieren. Kein Unternehmer in Deutschland verlange eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung, sondern dies werde immer nur für bestimmte hochqualifizierte Gruppen gefordert. Ökonomisch sei ein solcher Schritt völlig sinnlos. Entscheidend für die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums, dass die Nachfrage nach den produzierten Gütern und Dienstleistungen steigt. "Ohne Nachfrage funktioniert gar nichts". Und es mache keinen Sinn, Mehrarbeit einzusetzen, um zusätzlich auf Halde zu produzieren. Und wenn es tatsächlich Nachfrage gebe, die mit Mehrarbeit abgefangen werden müsse, sollte man lieber Arbeitslose einstellen, erklärte Hengsbach. Hengsbach kritisierte auch, dass nun das Geschenk der deutschen Einigung in Zukunft mit Erwerbsarbeit "gefeiert" werde solle, statt mit Dank, mit Muße und mit kulturellen Tätigkeiten. Die deutsche Einigung habe auf allen Ebenen mehr Vorteile, als Nachteile gebracht und sollte nicht auf diese falsche Weise ökonomisiert werden.
Inhaltliche Fragen richten Sie bitte an den Tagesspiegel, Ressort Politik, Tel: 030/26009-431
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel
Rückfragen bitte an:
Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de
Original-Content von: Der Tagesspiegel, übermittelt durch news aktuell