Der Tagesspiegel: Grünen-Fraktionschefin Sager zu Föderalismusreform: Landesregierungen nehmen zu wenig Rücksicht auf Interessen der Landtage/In Brüssel mit einer Stimme sprechen, sonst hat man kein Gewicht
Berlin (ots)
Grünen-Fraktionschefin Krista Sager wirft in der Debatte um die Föderalismusreform den Landesregierungen vor, nicht genügend Rücksicht auf Interessen ihrer Landtage zu nehmen. Angebote des Bundes zu deren Stärkung hätten die Landesregierungen "bisher nicht interessant" gefunden, sagte Sager dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Als Beispiel nannte sie die "Verkehrsinfrastruktur bis hin zur Zuständigkeit für die jeweiligen Bundesfernstraßen". Durch eine Übertragung von Zuständigkeiten auf die Länder "würde viel Bürokratie vermieden". Als weiteres Beispiel nannte Sager die Autonomie bei den Steuerarten, deren Einnahmen allein den Ländern zustehen.
Sager, die für die Grünen in der Föderalismuskommission von Bundestag und Bundesrat sitzt, äußerte sich optimistisch zu den Erfolgsaussichten der Reform, warnte aber vor zu großen Erwartungen. "Es wird ein Ergebnis geben, das einige unserer wesentlichen Probleme im Verhältnis von Bund und Ländern deutlich verringern kann." Es gehe aber "nicht um eine Verfassungsrevolution, sondern um eine Nachjustierung des Grundgesetzes", fügte Sager hinzu.
Zum Streit mit den Ländern um deren Einbindung in die Europapolitik und die Vertretung deutscher Interessen in Brüssel gestand Sager ein, dass die Erfahrung der Länder bei der Verwaltung und Umsetzung von EU-Beschlüssen, zum Beispiel zu den Strukturfonds, nützlich sei. "Wenn es aber darum geht, in Ministerverhandlungen deutsche Interessen gegen die von Frankreich oder Polen zu vertreten, dann kann man nicht mit unterschiedlichen regionalen Interessen in Deutschland auftreten und sagen, in Mecklenburg bräuchte man die Lösung, in Bayern jene", fuhr Sager fort. "Da muss man mit einer Stimme sprechen, sonst hat man kein Gewicht. Sonst sagen die anderen mit Recht, die Deutschen wissen nicht, was sie wollen." Sie bekräftigte die Forderung des Bundes nach einem "festen Ansprechpartner" auf Länderseite, der "auch ein Stück Koordinierung übernähme".
Sager verteidigte die Forderung des Bundes, das gesamte Umweltrecht regeln zu können einschließlich des Naturschutzes. Ein einheitliches Umweltrecht sei unbürokratischer und bringe mehr Klarheit für Unternehmen wie Bürger. "Ein internationaler Investor will wissen, woran er bei umweltrechtlichen Vorgaben ist, wenn er überlegt, sich in Deutschland oder aber in Schweden oder Großbritannien anzusiedeln. Der will nicht hören, dass es in Hessen anders ist als in Nordrhein-Westfalen, und dass es nach der nächsten Wahl wieder anders sein könnte." Naturschutz betreffe zudem "nicht nur den kleinen Raum, wo die Hasen hoppeln. Das geht oft über die Regionen hinaus."
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