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Der Tagesspiegel: Politische Straftaten: Sicherheitsexperten beunruhigt über Stellenabbau bei Berliner Staatsanwaltschaft/ Abteilung sieht sich gezwungen, Bereitschaftsdienst auf das Notwendigste zu reduzieren

Berlin (ots)

Der Senat gibt sich gegenüber Extremisten
kämpferisch, doch bei Experten in Polizei und Justiz wachsen die
Sorgen. Anlass ist der Stellenabbau in der mit politischen Delikten
befassten Abteilung der Staatsanwaltschaft. Sie scheint dem enormen
Anfall einschlägiger Straftaten kaum noch gewachsen zu sein. Im
vergangenen Jahr nahm die Zahl der politischen Straftaten in Berlin
um 86 Delikte auf 2243 zu - der zuvor schon stark belasteten
Abteilung 11 der Staatsanwaltschaft wurde aber (ebenfalls 2004) eine
Stelle genommen. Jetzt sind es unter der Leitung von Oberstaatsanwalt
Jürgen Heinke nur noch sechs Dezernenten, die sich mit
Politkriminellen auseinander setzen. „Das werden wir spüren", warnt
ein Fachmann der Polizei. Dabei geht der Arbeitsaufwand noch über die
2243 Delikte hinaus. Mehr als 3000 Fälle hätten der Abteilung 11
vorgelegen, heißt es in Kreisen der Strafverfolger. Es gebe auch noch
ältere Verfahren, zudem müssten nicht-politische Taten bearbeitet
werden - wenn zum Beispiel ein Neonazi nicht nur geprügelt hat,
sondern zudem als Dieb straffällig wurde. Verfolgt man die
Entwicklung seit Mitte der 90er Jahre, hat sich die Schere zwischen
den politischen Straftaten und der Zahl zuständiger Staatsanwälte
immer weiter geöffnet. 1994 unterstanden dem Leiter der Abteilung 11
noch acht Staatsanwälte. Jetzt sind es zwei weniger - doch die
Abteilung muss etwa ein Drittel mehr Vorgänge bearbeiten als 1994.
Fachleute in Polizei und Justiz fragen sich, wie die Abteilung 11
noch mit „Großlagen" fertig werden kann, beispielsweise den zu
erwartenden Krawallen am 1. Mai und dem für den 8. Mai angekündigten
Aufmarsch tausender Neonazis. Der für die Stellenbesetzung zuständige
Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge habe bei außergewöhnlichen
Ereignissen Verstärkung in Aussicht gestellt, sagt Andrea Boehnke,
Sprecherin von Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Auch sonst halte
Karge die Abteilung für arbeitsfähig. Die Staatsanwälte jedoch, so
Sicherheitsexperten, sähen sich gezwungen, ihren Bereitschaftsdienst
in Nächten und am Wochenende auf das Notwendigste zu reduzieren. Das
bedeutet: Viele kleinere Delikte können kaum noch verfolgt werden. In
der CDU regt sich Kritik: „An allem können wir sparen in Berlin",
sagt der Rechtsexperte der Union, Andreas Gram, „aber nicht an der
Sicherheit." (Um dienstrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, wollte
keiner der vom Tagesspiegel befragten Sicherheitsexperten seinen
Namen veröffentlicht sehen.)
Die Informationen stehen Ihnen bei Nennung der Quelle Tagesspiegel
zur Verfügung.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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