Der Tagesspiegel: Unternehmensberater Berger lobt Job-Gipfel, aber fordert weitere Reformen und eine große Koalition
Berlin (ots)
Der Unternehmensberater Roland Berger hat die Ergebnisse des Job- Gipfels von Regierung und Opposition begrüßt, fordert aber einen viel weitergehenden Umbau der Gesellschaft und befürwortet deswegen eine große Koalition. "Wenn wir nicht auf chinesisches Lohnniveau zurückfallen möchten oder auch nur auf irisches, müssen wir den schon begonnenen und notwendigen Strukturwandel von der klassischen Industriegesellschaft zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft wesentlich beschleunigen", sagte Berger in einem Interview mit dem Tagesspiegel (Montagausgabe).
Der Kanzler-Vertraute schlägt vor, die Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden zu erhöhen, die Lohnnebenkosten auf 30 Prozent und die Gesamtsteuerbelastung der Unternehmen auf 25 Prozent abzusenken, eine kapitalgedeckte Pflegeversicherung einzuführen, den Solidarzuschlag abzuschaffen und die Einkommensteuer weiter zu senken, öffentliche Infrastruktur zu privatisieren, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren sowie Tariflöhne langsamer als die Produktivität ansteigen zu lassen.
Gleichzeitig solle man steuerliche Anreize schaffen, um besser verdienende Paare zu mehr Kindern zu animieren. Berger schlägt ein auf die Kinder erweitertes Ehegattensplitting vor, "so dass das Familieneinkommen beim zweiten Kind durch drei, beim dritten durch vier und beim vierten durch fünf geteilt wird". Ferner sollten Betreuungseinrichtungen ausgebaut werden und Haushaltshilfen und Kinderbetreuung steuerlich absetzbar sein. Finanziert werde dieser Umbau durch steigende Steuereinnahmen und Einsparungen, für den Rest solle die Mehrwertsteuer erhöht werden.
Diese Transformation lasse sich nur über eine Koalition von SPD und CDU/CSU erreichen. "Am Anfang wird dies nicht gehen ohne eine faktische oder vom Wähler erzwungene große Koalition. Die ist aber nur sinnvoll, wenn die Politiker sich vorher auf ein Programm einigen, das sie in zwei Jahren durchziehen, und sich danach wieder getrennt zur Wahl stellen", sagte Berger. Nötig sei außerdem die Föderalismusreform und eine Änderung des Wahlrechts, insbesondere ein Mehrheitswahlrecht, eine um ein Jahr verlängerte Wahlperiode und gebündelte Wahltermine. "Wir würden damit auch den Parteienstaat stutzen. Wenn nicht alle 90 Tage Wahlen stattfinden, braucht man keine stehende Parteiorganisation."
Berger sagte, er rechne mit einem baldigen Anstieg der Arbeitslosenzahl von derzeit 5,2 auf 5,4 Millionen. "Wenn wir nicht auf chinesisches Lohnniveau zurückfallen möchten oder auch nur auf irisches, müssen wir den schon begonnenen und notwendigen Strukturwandel von der klassischen Industriegesellschaft zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft wesentlich beschleunigen."
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