Der Tagesspiegel: Regierungsberater kritisiert Protest der Klinikärzte
Berlin (ots)
Vor den heute beginnenden Protestaktionen der Klinikärzte hat der Gesundheitsökonom Karl Lauterbach Kritik an den Forderungen der Mediziner geübt. Den Funktionären fällt nichts ein als der Ruf nach mehr Geld, sagte Lauterbach dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagsausgabe). Das Problem liege aber in schlechtem Management und ungerechter Einkommensverteilungin den Krankenhäusern. Junge Assistenzärzte müssten unter unattraktiven Bedingungen arbeiten, Chefärzte verdienten sehr häufig mehr als eine Million und mitunter bis zu fünf Millionen Euro im Jahr. Der Vorsitzende des Klinikärzteverbands Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, hingegen sprach von staatlichem Lohnraub und bodenlosem Zynismus. Einerseits hofiere man die Ärzte an den Universitätskliniken als wissenschaftliche Elite, andererseits mute man ihnen Einkommenskürzungen von 15 Prozent zu, sagte er dem Tagesspiegel.
Die Union forderte bessere Perspektiven für die Beschäftigten in Gesundheitsberufen. Andreas Storm (CDU) kritisierte insbesondere das Übermaß an Bürokratisierung. Klinikärzte verbrächten 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Dingen, die mit ihrer eigentlichen Aufgabe nichts zu tun hätten, sagte er dem Tagesspiegel. Immer mehr Medizinstudenten entschieden sich gegen den Arztberuf, und immer mehr Ärzte gingen ins Ausland. Letzteres könnte zum Massenproblem werden, ersteres ist schon eins.
In der Haltung zu überlangen Arbeitszeiten gebe es unter den Ärzten keine klare Linie, sagte Lauterbach. Manche wehrten sich gegen Überstunden, andere fühlten sich finanziell darauf angewiesen. Auch deshalb gebe es in den Kliniken keine sauber funktionierenden Schichtsysteme. Das Hauptproblem sei aber die nicht leistungsgerechte Bezahlung. Anders als etwa in den USA lasse sich hier zu Lande mit der Behandlung von privat Versicherten viel, mit der Behandlung gesetzlich Versicherter aber nur wenig Geld verdienen. Leidtragende seien Kassenpatienten und junge Klinikärzte. Dieses System ist ungerecht und muss überwunden werden, so der Berater von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).
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