Der Tagesspiegel: Gipfel-Gründer Giscard d'Estaing hält die Tagesordnung des G-8-Treffens für zu lang
Berlin (ots)
Der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing bezweifelt, dass beim G-8-Gipfel ein vertiefter Meinungsaustausch zwischen den Staats- und Regierungschefs möglich sein wird. Der Mitbegründer der G-8-Treffen sagte dem "Tagessspiegel am Sonntag" mit Blick auf die lange Tagesordnung des Gipfels in Heiligendamm: "Die dort versammelten Staats- und Regierungschefs werden wenig miteinander sprechen können. Das sollten sie aber." Der frühere französische Staatschef kritisierte, dass "die Vorbereitungs-Maschinerie, die zwischen den Gipfeln läuft", seit der Anfangszeit der Treffen "gewaltig angewachsen" sei. Giscard d'Estaing hatte 1975 gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt zum ersten Weltwirtschaftsgipfel nach Rambouillet bei Paris eingeladen. Die Berichterstattung der Medien über die jährlichen G-8-Gipfel, die auch die Demonstranten anziehe, bezeichnete er als übertrieben.
Von den Gipfelteilnehmern in Heiligendamm forderte Giscard d'Estaing eine eingehende Diskussion über die Globalisierung. "Die Globalisierung ist gegenwärtig die wichtigste Frage", sagte er. Die Kritik der Globalisierungsgegner weise auf ein "offenkundiges Problem" hin, meinte Giscard d'Estaing. Demnach werde die Globalisierung von den Hauptverantwortlichen in den Industriestaaten "zwar im Grundsatz befürwortet - aber sie haben dabei kein Ziel vor Augen".
Angesichts gewaltiger weltweiter Finanztransaktionen oder der örtlichen Verlagerung von Entscheidungszentren in großen Konzernen stellt sich nach den Worten von Giscard d'Estaing die Frage: "Soll man nicht etwas Ordnung in diese Entwicklungen bringen? Oder soll man der Globalisierung ihren freien Lauf lassen - in dem Wissen, dass die öffentliche Meinung dagegen ist?".
Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel den Gipfel von Heiligendamm hauptsächlich dem Klimawandel widme, so sei das Thema "gut gewählt", sagte Giscard d'Estaing. Allerdings müssten die Staats- und Regierungschefs "viel klarer sagen, in welchem Umfang sie künftig auf die Atomenergie zurückgreifen wollen". Als "zentrales Thema" bezeichnete der Ex-Präsident die Frage, ob sich unter den Industriestaaten eine gemeinsame Position zur Atomkraft finden lasse.
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