Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Kämpfe in Nordsyrien: Kurswechsel deutscher Syrienpolitik notwendig - „Deutschland muss Erdoğan und andere Islamisten in die Schranken weisen“
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert von der Bundesregierung einen Kurswechsel in der Syrienpolitik und warnt vor den Auswirkungen einer islamistischen Machtübernahme für Frauen und Minderheiten. „Seit Beginn der syrischen Revolte 2011 hat die deutsche Bundesregierung sowohl unter Merkel als auch unter Scholz aus geopolitischen Interessen in Syrien auf Empfehlung Erdoğans sunnitisch-islamistische Gruppen statt demokratischer, säkularer Kräfte unterstützt“, berichtete der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido heute in Göttingen.
„Wer islamistische Anschläge auf Weihnachtsmärkte in Deutschland und Europa wirklich verhindern will, darf nicht zulassen, dass Syrien zu einem zweiten Afghanistan wird. Erdoğan und die Islamisten werden Syrien keine Demokratie bringen. Es wird noch schlimmer um die Menschenrechte und um die Rechte der Minderheiten bestellt sein. Vor allem für Frauen wird es eine Katastrophe. Wer Demokratie in Syrien will, muss Erdoğan und andere Islamisten in die Schranken weisen", so der Menschenrechtler.
„Das Ergebnis der zutiefst verfehlten Syrienpolitik Deutschlands war, dass radikale Islamisten wie IS, Al-Kaida und die Muslimbrüder den syrischen Aufstand gegen die Assad-Diktatur weitgehend unterwanderten. Dass diese Kräfte ausgerechnet heute in Aleppo und im gesamten Nordwesten Syriens auf dem Vormarsch sind, ist auch auf diese unverantwortliche Politik deutscher Politiker wie der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel zurückzuführen. Die Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen setzte die auf Erdoğan und sunnitische Islamisten ausgerichtete Syrienpolitik fort“, kritisiert der Nahostreferent Sido. „Mit dem Vormarsch der radikalen Islamisten auf die nordsyrische multiethnische und multireligiöse Metropole Aleppo und andere Städte droht die ethnische, religiöse, kulturelle und sprachliche Vielfalt im Nordwesten Syriens endgültig zu verschwinden. Dort wird vorerst das islamische Recht der Scharia herrschen.“
Mit den aktuellen Angriffen der Türkei und ihrer islamistischen Söldner auf die letzten von Kurden bewohnten Ortschaften im Norden Aleppos ist das Ende der kurdischen Existenz faktisch eingeleitet, erklärt der Menschenrechtler. Gleiches gelte für Armenier, Assyrer/Aramäer und andere christliche Gemeinschaften. Mehr als 300.000 Kurdinnen und Kurden, die nach der Besetzung Afrins durch die Türkei im Jahr 2018 aus Afrin vertrieben wurden, sind im Norden Aleppos untergekommen. „All diese Menschen haben die letzte Nacht im Freien in der Kälte verbracht und wissen nicht, wohin sie fliehen sollen. Unter ihnen sind viele kurdische Yeziden, Aleviten und Christen. Die Gefahr von Gräueltaten und Massakern ist groß“, mahnt der Menschenrechtler. In den syrischen islamistischen Medien, insbesondere in den sozialen Medien der syrischen islamistischen Opposition, die auch vom Auswärtigen Amt in Berlin finanziert werden, wird auf übelste Weise gegen Kurdinnen und Kurden gehetzt. „Die Zivilbevölkerung und insbesondere die Minderheiten in Syrien werden von der Türkei und der NATO einerseits und von Russland und dem Iran andererseits für geopolitische Interessen geopfert.
„Syrien braucht nach über 50 Jahren Assad-Diktatur Demokratie und Gleichberechtigung für alle Bürgerinnen und Bürger und keine neue islamische Republik von Erdoğans Gnaden. Wer ein säkulares System in Syrien will, sollte nicht Erdoğan und andere Islamisten in Syrien unterstützen, sondern die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die SDF sind multiethnisch, multireligiös, säkular, für Glaubensfreiheit und für Frauenrechte", fordert der Menschenrechtler.
Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.
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