Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Kritik an Asyldebatte: „Kein Überbietungswettbewerb auf Kosten Schutzsuchender“
Kritik an Asyldebatte
„Kein Überbietungswettbewerb auf Kosten Schutzsuchender“
„Es darf bei der Asylpolitik keinen Überbietungswettbewerb auf Kosten schutzsuchender Menschen geben. Insbesondere Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten sind eine sehr vulnerable Gruppe und oft mehrfacher Verfolgung in ihren Herkunftsländern ausgesetzt. Ihr individuelles Recht auf Asyl in Deutschland darf nicht ausgehebelt werden“, kritisiert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die aktuelle Asyldebatte vor der Bundestagswahl.
„Schutzsuchenden aus Kriegs- und Krisengebieten bleibt nach Gewalterfahrungen, dem Tod von Angehörigen und der Zerstörung ihrer Lebensgrundlage als einziger Ausweg oft nur die Flucht. Häufig müssen sie ihre Heimat überstürzt verlassen und erleiden auf der Flucht weitere Traumata. Viele Angehörige verfolgter Minderheiten wie Kurden aus Syrien oder Rohingya aus Myanmar haben keine gültigen Papiere. Staatenlosigkeit ist einer der Gründe, warum diese Menschen ihre Heimat verlassen – sie ist Teil der Diskriminierung und Unterdrückung“, berichtet der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido. Weltweit gibt es schätzungsweise 4 bis 10 Millionen Menschen, die keine Staatsangehörigkeit besitzen. Sie alle können an keiner Grenze ein gültiges Reisedokument vorweisen, auch nicht an der deutschen Grenze.
„Das Schicksal der Yeziden, die 2014 vom ‚Islamischen Staat‘ (IS) angegriffen wurden, zeigt, dass sich Verfolgte nicht immer auf eine Flucht vorbereiten können. Denn die Peiniger lassen den Verfolgten oft keine Zeit, Reisedokumente zu besorgen oder ein gültiges Visum bei einer deutschen Botschaft zu beantragen. Gerade diese Menschen dürfen weder von Deutschland noch von anderen demokratischen Staaten allein gelassen werden“, so Sido.
„Die Forderung von Friedrich Merz, Menschen an der Grenze abzuweisen, weil sie keine gültigen Einreisepapiere haben, ist nicht nur unmenschlich, sondern verstößt auch gegen das Asylrecht“, kritisiert Sido, der vor 35 Jahren selbst Asyl in Deutschland beantragte und weiß, mit welchen Schwierigkeiten Menschen auf der Flucht zu kämpfen haben. „In meinem Fall war der syrische Staat weder unter der Führung von Hafez al-Assad, noch unter seinem Sohn Baschar al-Assad bereit, mir einen gültigen Pass auszustellen“, erinnert sich Sido.
„Auch die Forderung der FDP, Entwicklungszusammenarbeit an die Rücknahme von Ausreisepflichtigen zu knüpfen, ignoriert die Situation vor Ort und hat negative Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung. Entwicklungszusammenarbeit ist dazu da, Fluchtursachen zu bekämpfen und für Stabilität zu sorgen und nicht, um Diktatoren zu ermöglichen, politisch Verfolgte zu unterdrücken, ohne dass diese Menschen die Möglichkeit haben, zu fliehen“, kritisiert Sido.
„In der aktuellen Asyldebatte ignorieren alle Parteien die Mitverantwortung Deutschlands für die Instabilität, die beispielsweise zu den Fluchtbewegungen aus Afghanistan und Syrien geführt hat. Dort haben die NATO-Regierungen ohne politische Strategie interveniert, islamistische Kräfte finanziert und so deren Erstarken ermöglicht. Darunter leiden vor allem ethnische und religiöse Minderheiten wie Kurden, Armenier, Assyrer/Aramäer, Christen, Yeziden, Bahá’í, Mandäer oder Frauen“, sagt der Nahostreferent der GfbV.
Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.
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