Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V.
Fünf-Punkte-Papier für eine praxistauglichere EU-Taxonomie
Berlin (ots)
- GdW und vdp fordern grundlegende Anpassungen am Regelwerk
Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW und der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) bemängeln seit Inkrafttreten die fehlende Praxistauglichkeit der EU-Taxonomie. Beide Verbände untermauern ihre Kritik nun mit einem Positionspapier, in dem sie ihre wesentlichen Kritikpunkte benennen und konkrete Empfehlungen aussprechen.
Die hinter dem Green Deal stehende Absicht, Kapitalströme in umweltfreundliche Projekte zu lenken und darüber zur Erreichung der Klimaziele beizutragen, unterstützen GdW und vdp weiterhin uneingeschränkt. Die bisherige Ausgestaltung der dazugehörigen Sustainable-Finance-Regulierung halten beide Verbände jedoch für nicht zielführend:
"Die EU-Taxonomie hat in Umfang und Komplexität ein Maß erreicht, das Kreditinstitute, Unternehmen und Endverbraucher ressourcenseitig vor riesige Herausforderungen stellt und damit die Erfolgschancen des Regelwerks merklich schmälert", betonte Sascha Kullig, Mitglied der vdp-Geschäftsleitung.
"Die EU-Taxonomie privilegiert ausschließlich die Gebäude mit der besten Energieeffizienz mit der Folge, dass das Kapital bevorzugt in sehr gut sanierte Gebäude fließt. Dieser Ansatz stigmatisiert Gebäude mit schlechter Energieeffizienz und konterkariert damit die Klimaziele", unterstrich Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Die am 8. Januar 2025 veröffentlichten Empfehlungen der Plattform for Sustainable Finance zur Änderung der Taxonomie zielen für beide Verbände nur ansatzweise in die richtige Richtung. Aus Perspektive der Finanz- und Wohnungswirtschaft haben vdp und GdW im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie vor allem fünf Hindernisse identifiziert, die der praktischen Umsetzung und der Erreichung der Klimaziele entgegenstehen. Beide Verbände zeigen zugleich mögliche Lösungswege auf:
1) Die Anforderungen für Neubauten hinsichtlich ihres Primärenergiebedarfs verteuern das Bauen und tragen nicht nennenswert zur CO2-Einsparung bei.
>> Kritik im Detail:
Die EU-Taxonomie verlangt, dass der Primärenergiebedarf eines ab 2021 errichteten Gebäudes mindestens 10 % unter dem Schwellenwert für das Niedrigstenergiegebäude gemäß nationaler Vorgaben liegt. Diese Regelung verhindert bezahlbaren Neubau und konterkariert damit die Bestrebungen Deutschlands und der EU, die Baukosten zu senken und darüber mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
>> Lösungsweg:
GdW und vdp plädieren dafür, die Energieeffizienzanforderungen an die nationalen Vorgaben für Niedrigstenergiegebäude anzugleichen, also nicht noch darüber hinauszugehen. Dies wäre aus Sicht beider Verbände ein zielführender Beitrag zu kostengünstigerem Neubau und zu bezahlbareren Mieten.
2) Es bestehen gravierende Widersprüche zwischen EU-Taxonomie und EU-Gebäuderichtlinie (EPBD).
>> Kritik im Detail:
Während die Vorgaben der EU-Taxonomie fast ausschließlich auf den Endzustand der Klimaneutralität abzielen (Best-in-Class-Ansatz), liegt der Fokus der EU-Gebäuderichtlinie EPBD auf Verbesserungen bei den Gebäuden mit der aktuell schlechtesten Energieeffizienz (Worst-first-Ansatz). Es ist widersinnig, in zwei Regelungsvorhaben, die von der gleichen Institution stammen und auf das gleiche Ziel gerichtet sind, zwei komplett konträre Ansätze zu verfolgen. Dieser Widerspruch sorgt sowohl in der Finanzwirtschaft als auch in der Realwirtschaft für erhebliche Unsicherheit und verzögert die Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz.
>> Lösungsweg:
Für GdW und vdp ist der Fokus der EPBD auf die energetisch schlechtesten Gebäude deutlich erfolgversprechender als die konträr dazu stehenden Regeln der EU-Taxonomie. Beide Verbände weisen darauf hin, dass die Effizienzgewinne bei der Renovierung von Gebäuden mit schlechter Energieeffizienz deutlich höher und schneller zu erreichen sind als bei Gebäuden, die bereits über eine gute Energieeffizienz verfügen. Vor diesem Hintergrund fordern GdW und vdp eine Synchronisierung beider Regelwerke beim Effizienz-Ansatz, so dass die Sustainable-Finance-Regulierung fortan einheitlich den Worst-first-Ansatz als Ziel beinhaltet.
3) Die Latte für die Taxonomiekonformität liegt viel zu hoch; Transformationspfade und Effizienzgewinne aus erneuerbaren Energien werden nicht gewürdigt.
>> Kritik im Detail:
Nur solche Renovierungsarbeiten, die zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs von Gebäuden um mindestens 30 % führen, gelten als taxonomiekonform und profitieren von Finanzierungsvorteilen. Für Modernisierungen, die geringere Energieeinsparungen nach sich ziehen, könnten sich die Finanzierungskosten durch die Stigmatisierung der Nicht-Taxonomiekonformität in Zukunft erhöhen. Gleiches gilt für Gebäude, die sich auf einen langfristigen Transformationspfad zur Klimaneutralität begeben, derzeit aber noch schlechte Energieeffizienzklassen aufweisen. Hinzu kommt, dass in der EU-Taxonomie Effizienzgewinne aus der Nutzung erneuerbarer Energien bei Renovierungen nicht berücksichtigt werden können.
>> Lösungsweg:
GdW und vdp setzen sich dafür ein, dass alle Renovierungsmaßnahmen, die gemäß eines festgelegten Transformationspfads Energieeinsparungen erzielen, unter Berücksichtigung der Effizienzgewinne aus der Nutzung erneuerbarer Energien als taxonomiekonform anerkannt werden. Zudem plädieren beide Verbände dafür, dass - anders als bisher - das gesamte Gebäude und dessen gesamte Finanzierung als taxonomiekonform gelten, wenn die Taxonomie-Anforderungen an eine energieeffiziente Renovierung erfüllt sind.
4) Die in der EU-Taxonomie genannten "Do No Significant Harm (DNSH)-Kriterien" führen ungerechtfertigterweise zu erheblichen Zusatzkosten.
>> Kritik im Detail:
Gemäß EU-Taxonomie führt die Nichteinhaltung nur eines der insgesamt sechs DNSH-Kriterien dazu, dass ein Gebäude und die Finanzierung dieses Gebäudes als nicht taxonomiekonform gelten. Eine Immobilie kann noch so energieeffizient sein, sobald es beispielsweise nur einen Grenzwert beim Wasserdurchlauf reißt, wird die Taxonomie-Anerkennung für die gesamte Immobilie und deren Finanzierung verwehrt. Die erforderlichen Prüfverfahren sind so zeit- und dokumentationsintensiv, dass Kosten und Nutzen weit entfernt von einem angemessenen Verhältnis sind. Zudem wirken sich diese erheblichen Zusatzkosten bei Renovierungen direkt auf die Erschwinglichkeit von Wohnraum aus und gefährden die soziale Akzeptanz.
>> Lösungsweg:
Unabhängig von der Frage der Relevanz aller DNSH-Kriterien halten GdW und vdp deren Anforderungen in puncto Anzahl und Komplexität für deutlich zu hoch. Sie regen an, insbesondere die Vorgaben für die Kriterien "Bau neuer Gebäude" und "Renovierung bestehender Gebäude" merklich zu reduzieren. Darüber hinaus empfehlen sie, die DNSH-Kriterien in Gänze lediglich als "Beobachtungskriterien" zu deklarieren, so dass die Nichteinhaltung einer einzelnen Vorgabe nicht automatisch zur Aberkennung der Taxonomiekonformität führt.
5) Die EU-Taxonomie fokussiert ausschließlich auf ökologische Kriterien. Soziale Aspekte werden in keiner Weise gewürdigt.
>> Kritik im Detail:
Der einseitige Fokus der EU-Taxonomie auf ökologische Zielvorgaben lässt Vorhaben, die beispielsweise in sozialer Hinsicht Vorteile bringen, in den Hintergrund treten. Dabei sind sich Politik und Wirtschaft einig, dass die Berücksichtigung sozialer Aspekte bei der Stadtplanung zum Gemeinwohl beitragen.
>> Lösungsweg:
GdW und vdp sprechen sich für eine Aufnahme sozialer Aspekte in der bestehenden Taxonomie aus, um die ökologische und soziale Dimension in Einklang zu bringen. Somit sollten auch nicht messbare Beiträge zur sozialen Gerechtigkeit, die von Wohnungsbaugesellschaften aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags geleistet werden, Anerkennung finden. Konkret vorgeschlagen wird, dass soziale Ausgleichsmechanismen zur Anwendung kommen. Bieten Gebäude beispielsweise ein vergleichsweise geringes Mietniveau, eine positive Quartiersqualität oder eine räumliche Nähe zu sozialen Einrichtungen könnten sie damit die etwaige Nichteinhaltung einzelner ökologischer Vorgaben kompensieren. Durch dieses Vorgehen könnten spürbar mehr Immobilien und Immobilienfinanzierungen Taxonomiekonformität erlangen.
Das von GdW und vdp gemeinsam verfasste vollständige Positionspapier zur EU-Taxonomie ist hier aufrufbar.
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