Börsen-Zeitung: Bomhards größere Risiken, Kommentar zur geplanten US-Akquisition der Münchener Rück von Stefan Kroneck
Frankfurt (ots)
Mit dem geplanten Erwerb des US-Erstversicherers Midland wagt sich die Münchener Rück einen weiteren Schritt in eine Region vor, die für die Assekuranz große Risiken birgt. Der US-Versicherungsmarkt ist aufgrund hoher Wettbewerbsintensität, juristischer Unwägbarkeiten und starker Preisschwankungen vor allem für europäische Versicherungsgesellschaften schwer steuerbar. Damit haben bereits so manche Versicherer leidvolle Erfahrungen gemacht und sich zum Teil aus den USA zurückgezogen.
Auch die Münchener Rück blieb nicht verschont. Ihre bisher größte Akquisition, die American Re (heute Munich Re America), erwies sich als Flop. Der 1996 für 3,3 Mrd. Dollar durchgeführte Erwerb brachte dem weltweit zweitgrößten Rückversicherer Belastungen von über 7 Mrd. Dollar. Die Folge bei der Tochter war ein mühsamer Umbauprozess, der das Management der Münchener Rück viel Zeit und Kraft kostete und immer noch anhält.
Mit dem Neuerwerb Midland soll nun aber alles besser werden, wenn man den Ankündigungen der Münchener Rück Glauben schenkt. Unstrittig ist, dass der zweitgrößte Zukauf in der Geschichte der Münchener Rück dazu beitragen könnte, starke Ergebnisschwankungen im US-Rückversicherungsbereich abzumildern, wenn Hurrikan-Schäden tiefe Löcher in die Konzern-Erfolgsrechnung reißen.
Dennoch ist bei Midland trotz zuletzt stetiger Gewinnzuwächse Skepsis berechtigt. Schließlich hat sich der US-Versicherer mit Policen für Fertighäuser auf ein Segment spezialisiert, das so manchen Investor aufgrund der US-Hypothekenmarktkrise aufhorchen lässt. Der Einwand, dass dieses Geschäftsfeld keinen Subprime-Risiken unterliegt, ist nicht stichhaltig. Die Turbulenzen am US-Immobilienmarkt führen zur Neubewertung einer ganzen Branche. Midland bewegt sich auf einem unsicherer gewordenen Terrain. Damit relativieren sich die Ertragschancen, die die Münchener Rück meint, mit der Akquisition gewonnen zu haben.
Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass der sonst so vorsichtige Vorstandschef Nikolaus von Bomhard bereit ist, für einen mittelgroßen US-Nischenanbieter das 18-fache des zuletzt erwirtschafteten Jahresgewinns zu zahlen. Ein Schnäppchenpreis sind die 1,3 Mrd. Dollar für Midland jedenfalls nicht. Kein Wunder, dass die Börse auf den Zukauf mit Misstrauen reagiert.
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