Börsen-Zeitung: Wind, Sonne, Kohle, Kommentar zur Energiepolitik von Andreas Heitker
Frankfurt (ots)
Den Explosionen in den japanischen Atomkraftwerken folgten an den Börsen Kursexplosionen bei den Wind- und Solartiteln. Allein am Dienstag legten im TecDax die Solarworld-Papiere um 23% zu. Nordex verteuerten sich um 19% und Q-Cells um 17%. Die Börsianer scheinen davon überzeugt zu sein, dass die erneuerbaren Energien nach der Katastrophe in Japan vor dem ganz großen Durchbruch stehen. Und zumindest in Deutschland positioniert sich die Renewables-Branche auch schon entsprechend selbstbewusst. 2020 kann nach ihrer Einschätzung die Atomkraft in Deutschland komplett überflüssig sein. Bis dahin soll knapp die Hälfte des Stroms aus Sonne, Wind und Biomasse kommen.
Ganz so einfach wird das aber nicht. Sicherlich ist es in Deutschland mittelfristig möglich, komplett aus der Atomenergie auszusteigen, ohne das derzeitige Niveau an Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen. Aber damit die Erneuerbaren den Atomanteil von heute 23% im deutschen Energiemix einmal komplett übernehmen können, muss erst einmal die Infrastruktur entsprechend ausgebaut werden. Dass die Stromnetze schon heute an ihrer Belastungsgrenze genutzt werden, ist nicht neu. Wenn künftig Offshore-Windparks in der Nordsee die Stromnachfrage in München oder Stuttgart decken sollen, dann müssen erst einmal hunderte Kilometer neue leistungsfähige Leitungen gelegt werden. Und das dauert.
Der Ausbau der Ökoenergien war in den vergangenen Jahren beeindruckend. Aber die Einspeisung von Strom schwankt zeitweise noch gewaltig. Die Grundlast können die über 20000 Windräder im Land und die vielen Solardächer nicht zuverlässig abdecken. Investitionen in Pumpspeicherkraftwerke oder auch die Elektromobilität werden dabei helfen, diese Schwankungen besser ausgleichen zu können. Aber auch hier gibt es keine kurzfristigen Lösungen.
Daher gibt es neben den Erneuerbaren auch noch einen zweiten Profiteur des Japan-Unglücks: die Kohle. Weltweit steigt in nächster Zeit der Druck auf die Politik, das Atom-Engagement herunterzufahren. Risiken werden neu kalkuliert - und das gilt nicht nur für Atommeiler, sondern auch für Kohlekraftwerke. Deutschland kann in einer Dekade aus der Atomkraft aussteigen, aber nicht gleichzeitig auch aus der Kohle. Das würde die erneuerbaren Energien überfordern.
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