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Stunde der Hoffnung, Marktkommentar von Alex Wehnert

Frankfurt (ots)

An den Aktienmärkten ist nach trüben Zeiten die Stunde der Hoffnung angebrochen. Doch wenngleich die marktbreite US-Benchmark S&P 500 am Freitag nach drei Handelssitzungen mit robusten Kursgewinnen auf den stärksten Monat seit 2020 zusteuerte, steht der neu gewonnene Optimismus der Anleger noch auf äußerst unsicherem Fundament. Denn neben ermutigenden Firmenbilanzen aus den Vereinigten Staaten hob in der zweiten Hälfte der abgelaufenen Handelswoche vor allem die Kommunikation der Federal Reserve die Stimmung der Investoren. Die US-Notenbank erhöhte ihren Leitzins zwar erneut um 75 Basispunkte, signalisierte aber auch, das Tempo der geldpolitischen Straffung angesichts der vorherrschenden Konjunkturrisiken künftig möglicherweise drosseln zu müssen.

Allerdings fahren die Währungshüter momentan nur auf Sicht, wie Ostrum Asset Management betont. "Die extreme Short-Positionierung in Risikoassets dürfte beim kleinsten Signal einer geldpolitischen Lockerung umschlagen", kommentiert Axel Botte, Marktstratege bei dem französischen Investmenthaus. Die spekulativen Leerverkäufe von Futures auf den S&P 500 bewegten sich derzeit aber noch auf dem gleichen Level wie zu Hochzeiten der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020.

Hedgefonds und andere typische Short-Investoren glauben also offenbar noch nicht daran, dass der geldpolitische Gegenwind für die Aktienmärkte schon beginnt abzuflauen. Tatsächlich bleibt die Inflation in den Vereinigten Staaten und auch im Euroraum enorm hoch. Die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg gehen dementsprechend von einer weiteren Fed-Anhebung um 50 bis 75 Basispunkte im September aus, wodurch das US-Leitzinsniveau auf mindestens 3 Prozent steigen würde - und damit auf den höchsten Wert seit der Finanzkrise.

Selbst wenn die von der LBBW erwartete Trendwende beim US-Leitzins - und beim EZB-Einlagensatz, für den die Analysten eine Deckelung bei 1 Prozent erwarten - im kommenden Jahr erfolgt, bleibt die Finanzierungslage für die Unternehmen doch stark angespannt. Gerade für Wachstumswerte, die entscheidende Treiber für die Börsenrallys der Vorjahre waren, gestaltet sich das Umfeld also schwierig. Dies wiederum trübt den Ausblick für die gesamte Wall Street, schließlich nehmen die prominentesten Vertreter des Growth-Segments immer noch über 20 Prozent der Marktkapitalisierung des S&P 500 ein.

Paradoxerweise zwingt die Abhängigkeit der Wall Street von der Liquiditätszufuhr durch die Notenbanken die Anleger dazu, auf einen anhaltenden konjunkturellen Abschwung zu hoffen, der die Währungshüter zu einer schärferen Kehrtwende zwingen könnte als bislang signalisiert. So sind die USA bereits in einer technischen Rezession angekommen - dieser ging erneut eine In­version der Zinsstrukturkurve voraus, die sich in der Vergangenheit wiederholt als sichere Vorbotin eines starken Konjunkturrückgangs gezeigt hat. Der Rückgang der zehnjährigen Treasury-Renditen wird dabei zur zusätzlichen Stütze für Aktien, die im Vergleich zu Festverzinslichen wieder attraktiver erscheinen. Grundlage für einen nachhaltigen Aufschwung an den Börsen kann die zunehmend gravierende konjunkturelle Schwäche aber nicht sein.

Zwar haben die Ergebnisse der Unternehmen bisher nur wenig unter der wirtschaftlichen Eintrübung gelitten, wie die laufende Berichtssaison zeigt. Die Historie macht indes zur Genüge deutlich, dass Analysten bei konjunkturellen Wendepunkten zu rosige Gewinnschätzungen abgeben. So dürften das unsichere geopolitische Umfeld, gestörte Lieferketten und die enorm hohe Inflation zu weiter steigenden Kosten führen und im weiteren Jahresverlauf noch einige Prognosesenkungen nötig machen. Hinzu kommt, dass nun die im historischen Vergleich saisonal schwächsten Börsenmonate anbrechen. Die Stunde der Hoffnung an den Märkten könnte also schnell zu Ende ticken

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