Börsen-Zeitung: Entkrampftes Prüferleben, Kommentar zum Geschäft der Wirtschaftsprüfer von Sabine Wadewitz
Frankfurt (ots)
Vor gut einem Jahr hatte es so ausgesehen, als ob die Wirtschaftsprüfer ihr Geschäft völlig neu ausrichten müssten. Nach den Bilanzskandalen und dem Vertrauensverlust in den Kapitalmärkten stand die Zunft in Sippenhaft am Pranger. Vor allem das lukrative Beratungsgeschäft als eigentliche Lebensgrundlage neben mickrigen Honoraren für die wenig schillernde Abschlussprüfung war Gesetzgebern und Marktaufsichtsbehörden weltweit ein Dorn im Auge. Wenn das Testat für den Berufsstand vor allem Türöffner für Steuer- und Unternehmensberatung ist, können Unabhängigkeit und ein unvoreingenommenes Prüfungsurteil nicht gewährleistet sein, so die Einschätzung nach Enron und Worldcom.
Allen in der Prüferszene gemalten Horrorszenarien zum Trotz ist die Zunft mit einem blauen Auge davongekommen. Zwar ist das Selbstprüfungsverbot vom Gesetzgeber nochmal unterstrichen worden. Auch wurden die Anforderungen an das Testat erweitert und mehr Transparenz in die Honorare und die dafür erbrachten Leistungen gebracht. Das allseits befürchtete Beratungsverbot und die externe Rotation sind jedoch vom Tisch, genauso wie eine neue Superbehörde zur Berufsaufsicht zumindest auf EU-Ebene und hierzulande. Die befürchtete Strangulierung ist ausgeblieben. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Vertrauen der Anleger schon wieder vorbehaltlos zurückgekehrt ist. Und Fälle wie Walter Bau und HypoVereinsbank können die Diskussionen rasch wieder aufflammen lassen.
Dass sich das Prüferleben entkrampft hat, demonstrieren die aus der Branche gemeldeten Erlöszahlen mit durchweg erklecklichen Wachstumsraten im Beratungsgeschäft. Von den zahlreichen Regulierungsschritten zur Verbesserung der Corporate Governance in den Konzernen haben die großen Prüfungsgesellschaften durchweg profitiert. Und hier ist noch kein Ende in Sicht. Die Beurteilung der internen Kontrollsysteme in Unternehmen nach den Vorgaben des US- amerikanischen Sarbanes-Oxley Act ist zur sprudelnden Ertragsquelle für die Prüfer geworden. Dazu kommt das Jahrhunderprojekt der Umstellung der Bilanzierung auf die internationalen Rechnungslegungsnormen nach IFRS. Da ist es zu verschmerzen, dass der im Zuge des Ausscheidens von Arthur Andersen für einige Zeit zur Ruhe gekommene Preiskampf bei den Prüfungshonoraren wieder aufgelebt ist.
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