Börsen-Zeitung: Springer-Traum mit Haken, Kommentar von Stefan Kroneck zur möglichen Übernahme des größten deutschen Privatfernsehkonzerns ProSiebenSat.1 durch die Axel Springer AG
Frankfurt (ots)
Wenn sich die Axel Springer AG und die Finanzinvestoren-Gruppe um den amerikanischen Medienunternehmer Haim Saban auf einen Preis einigen, könnte für das Berliner Verlagshaus ein Traum in Erfüllung gehen: die mehrheitliche Kontrolle des größten deutschen Privatfernsehkonzerns ProSiebenSat.1, an dem die insgesamt acht Saban-Investoren zusammen 50,5% des Grundkapitals halten und Springer selbst derzeit mit 12% beteiligt ist.
Aus Sicht des Springer-Verlages spricht einiges für den Deal, stoßen doch die Berliner wegen ihrer dominierenden Stellung im Zeitungsmarkt seit längerer Zeit an Wachstumsgrenzen. Weitere Zukäufe in diesem Segment würde das Kartellamt mit Argusaugen betrachten. Eine Kontrolle von ProSieben brächte neue Spielräume im Mediengeschäft mit Synergien zwischen dem Druck- und TV-Bereich.
Doch so reizvoll für Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner diese Akquisition anscheinend ist, sind dabei noch mehrere Themen ungeklärt, die das Geschäft letztlich doch noch zum Scheitern bringen könnten. So ist eine Übernahme des im MDax notierten Unternehmens womöglich nur mit kartellrechtlichen Auflagen durchsetzbar, weil der Springer-Verlag in einigen Segmenten des Druckgeschäfts eine marktbeherrschende Stellung innehat. Um den Deal über die Bühne zu bringen, wären sie gezwungen, Aktivitäten abzustoßen. Doch hier läuft Springer Gefahr, renditestarke Bereiche gegen ein Fernsehgeschäft einzutauschen, das sich wegen der anhaltenden Flaute im TV-Werbemarkt seit längerer Zeit in einer Krise befindet. Weil die Erträge im Werbebereich wegbrechen, ist ProSieben auf der Suche nach Alternativen. Eine operative Perle ist ProSieben daher nicht.
Zum anderen aber wird Döpfner nur dann zugreifen, wenn er den Kaufpreis stemmen kann. Zum Vergleich: Saban& Co. haben für ProSieben über 700 Mill. Euro aufgewendet, deren Paket ist heute am Markt mit 1,6 Mrd. Euro mehr als das Doppelte wert. Angesichts des derzeitigen Kurses der ProSieben-Aktie von 14 Euro liegt die Latte hoch. Zumal dann, wenn bei einer Kapitalquote von mehr als 30% ein Pflichtangebot an den Streubesitz abgegeben werden müsste. Unter diesem Blickwinkel käme der Zukauf wohl nur dann in Betracht, wenn künftige Dividendenzahlungen an die Mehrheitseigentümerin, Friede Springer, durch die Finanzierung nicht gefährdet sind.
(Börsen-Zeitung, 20.4.2005)
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