Börsen-Zeitung: Auf Heuschrecken-Jagd, Kommentar zu den Empfehlungen der "Arbeitsgruppe Finanzmarktgesetztgebung" von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Die Empfehlungen der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der kapitalistischen Heuschreckenplage bieten Bundeskanzler Gerhard Schröder eine sachliche Grundlage für die Debatte in der SPD. Die Ministerien haben die kritischen Fälle unbestrittener Fehlentwicklungen am Finanzmarkt zusammengetragen und marktkonforme Lösungen dazu angeboten.
Inwieweit der Kanzler diese Empfehlungen der Fachbeamten aufgreift, ist offen. Erst am Montag wird er bei der SPD-Konferenz Soziale Marktwirtschaft dazu Stellung nehmen. Schröder steht unter dem Druck, die Erwartungen in seiner Partei zu befriedigen. Dort sind die Hoffnungen groß, einen Weg zu finden, um gutes Kapital von schlechtem zu unterscheiden und nur die Auswüchse restriktiv zur regeln. Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften sind dabei vor allem ins Fadenkreuz geraten.
Viele Politiker haben in der Debatte jedoch nicht im Blick, dass die nationalen Einflussmöglichkeiten in einem weitgehend globalisierten Finanzmarkt gering sind. Maßnahmen, die über das Ziel hinausschießen, würden die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland schmälern und damit Arbeitsplätze kosten. Gefährlich ist, dass die Bedeutung der Finanzbranche für den Arbeitsmarkt den meisten Abgeordneten kaum bewusst ist, denn Gesetzesvorhaben für den Finanzmarkt finden in der politischen Auseinandersetzung oft nur geringe Aufmerksamkeit. Tatsächlich ist der deutsche Finanzdienstleistungssektor mit 1,4 Millionen Beschäftigten aber einer der größten Arbeitgeber im Land und hat mehr Menschen als etwa die Automobilindustrie oder der Maschinenbau in Arbeit.
In der Klemme ist der Kanzler auch, weil die Politik der SPD, die den Finanzmarkt bisher durchaus beflügelt hat, nun zu unerwarteten Folgen führt. Die Zerschlagung der Deutschland AG, erleichtert durch die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen, und die gekappte Macht der Banken, durch Zurückdrängen des Depotstimmrechts, hat Aktionärsstrukturen internationalisiert und den Einfluss von ausländischen Aktionären bei geringen Hauptversammlungspräsenzen erleichtert. Der Vorschlag der Arbeitsgruppe, mit einem Dividendenbonus interessierte Aktionäre zu belohnen, weist den richtigen Weg. Einfluss sollte in erster Linie nicht der Staat, sondern der Aktionär selbst nehmen.
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