Börsen-Zeitung: Finanzplatzdrama, Kommentar von Carsten Steevens zum Konflikt zwischen der hessischen Landesregierung und den hessisch-thüringischen Sparkassen um das geplante Sparkassengesetz
Frankfurt (ots)
Dem Finanzplatz Frankfurt könnte ein Drama in mehreren Akten bevorstehen. Zwar ist gerade erst der Prolog vorbei, Steigerung, Höhepunkt und erst recht der Ausgang eine Katastrophe? lassen sich allenfalls erahnen. Und noch wäre, was sich so mancher der Beteiligten vielleicht schon zu Weihnachten wünschen mag, eine Eskalation zu verhindern. Doch haben die eingeführten handelnden Personen frontal und öffentlich ihre Stellungen eingenommen, der dramatische Konflikt kündigt sich an.
Die Protagonisten sind auf der einen Seite Ministerpräsident Koch und die hessische Landesregierung, auf der anderen die hessisch- thüringischen Sparkassen und so hoffen und erwarten sie es mit ihnen gemeinsam die Kommunen als ihre Träger. Die Regierung, die sich 2001 für rund 300 Mill. Euro an der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) beteiligte, will Anteile an Sparkassen handelbar machen, allerdings nur im öffentlich-rechtlichen Rahmen. Künftig könnte es der Helaba also erlaubt sein, nach dem 725 Mill. Euro teuren Notkauf der angeschlagenen Frankfurter Sparkasse (Fraspa) in diesem Jahr noch andere Institute im Rhein-Main-Ballungsraum unter ihr Dach zu nehmen.
Die Sparkassen, die mit 85% an der Helaba beteiligt sind und insofern ein Wörtchen mitzureden haben, lehnen solche weiteren vertikalen Verbindungen, die in diesem Fall auf einen öffentlich- rechtlichen Großkonzern am Finanzplatz hinausliefen, jedoch ab. Aus gutem Grund: Sie verlören ihren Charakter als eigenständige, lokal verwurzelte und kommunal angebundene Kreditinstitute.
Zur wahren Tragödie für die Institute würde das Hessen-Schauspiel aber erst dann, sollte die Gesetzesnovelle vor der Europäischen Kommission scheitern. Dass die von Kochs Regierung geplante Stammkapitalklausel mit begrenztem Erwerberkreis im Fall von Klagen privater Banken von Brüssel wettbewerbsrechtlich beanstandet wird, ist möglich. Dann aber wäre es bis zur Privatisierung der Sparkassen nicht mehr weit.
Diese offene Flanke könnte für die Sparkassen zur Katastrophe im Finanzplatzdrama werden. Doch so weit wird es wohl nicht kommen. Unorthodoxe Vorstöße wurden schon an ganz anderen Orten als am Finanzplatz Frankfurt gestoppt. Bislang gab es für den Sparkassenverbund noch immer ein Happy End.
(Börsen-Zeitung, 30.11.2005)
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