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Boersen-Zeitung: Die letzte Chance, Kommentar von Christof Roche zum Brüsseler Umgang mit Ineffizienzen und Marktfragmentierung im europäischen Clearing- und Settlementgeschäft

Frankfurt (ots)

Der Ire Charlie McCreevy gibt der
Finanzindustrie eine letzte Chance. Bis zum Oktober muss die 
Selbstverpflichtung der Branche stehen, um die Ineffizienzen und 
Marktfragmentierung im europäischen Clearing- und Settlementgeschäft 
zu überwinden. Geschieht das nicht, droht die gesetzliche Regulierung
durch die Kommission. McCreevy lässt damit ein Ultimatum an die 
Branche verstreichen, schon in diesem Monat Maßnahmen gegen überhöhte
Preise und fehlenden Marktzugang zu liefern.
Immerhin sind die Gründe für die neue Schonfrist durchaus 
nachvollziehbar: Die Börsenkonsolidierung in Europa ist in vollem 
Gange, die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Mifid) 
schafft neue Spielregeln für Handel und Abwicklung, und selbst die 
Europäische Zentralbank mischt kräftig mit, eine eigene 
Abwicklungsplattform einzurichten. Es wäre zweifelsohne riskant, zum 
jetzigen Zeitpunkt mit Brüsseler Regulierung in die Marktorientierung
des Post-Trading-Sektors einzugreifen.
Trotzdem steht McCreevy, insbesondere beim Europaparlament, nach 
wie vor im Wort, die Kosten für die Börsenabwicklung zu senken. Genau
deshalb hält er auch an seiner Politik aus Zuckerbrot und Peitsche 
fest und droht mit regulatorischen Schritten, sollte die Branche 
nicht mitziehen. Doch wer im Markt nimmt ihm diese Drohung eigentlich
noch ab? Die Beteiligten wissen, dass jegliche Gesetzesinitiative am 
Widerstand im Rat scheitern wird. Berlin, unterstützt von London, hat
bereits signalisiert, nichts aus Brüssel zu akzeptieren, was den 
Erfolg der heimischen Märkte aufs Spiel setzt. Warum also sollte 
ausgerechnet die Deutsche Börse freiwillig mitziehen, um mit Hilfe 
von Preistransparenz, Vernetzung und Entflechtung ihr bewährtes 
Silo-Modell aufzugeben? Umgekehrt greift der Branchenkodex aber nur, 
wenn sämtliche Big Player mit von der Partie sind.
Das Ultimatum, das McCreevy der Branche gesetzt hat, wird immer 
mehr zur Galgenfrist für das eigene Überleben. Schafft es der Ire 
nicht, bis Herbst den Kodex unter Dach und Fach zu bringen, dann muss
er die EU-Richtlinie vorlegen. Das aber wird McCreevy, der als 
ehemaliger irischer Finanzminister im Kreis seiner Ex-Kollegen nicht 
unterliegen will, kaum riskieren. Ansonsten hätte er die Direktive 
schon gestern starten können. Die Uhr tickt - für die Märkte 
sicherlich, mehr aber noch für McCreevy.
(Börsen-Zeitung, 12.7.2006)

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