Weser-Kurier: Kommentar zu den Facebook-Plänen der Schufa
Bremen (ots)
Die Schufa, entdeckt das Internet. Man will Daten in Facebook und Twitter sammeln. Das Internet dürfte allerdings zu den rechtlich fragilsten bis fraglichsten Quellen gehören. Dabei geht die Schufa Holding AG geschickt vor. Sie hat ein Universitätsinstitut beauftragt. Man hüllt sich in den vermeintlich legalen Deckmantel. Problem: Das Unterfangen ist der Schufa innerhalb kürzester Zeit um die Ohren geflogen, weil Datenschützer im Viereck springen. Insgesamt darf man hier von einem gewaltigen PR-Desaster sprechen. Zumal sich die Frage stellt, welche Datenqualität Facebook-Inhalte für Kreditauskünfte bieten. Offensichtlich hat sich die Schufa in völliger Verblendung einem Internet-Hype angeschlossen, der außer Ärger nichts bringt. Dabei hatte die Schutzgemeinschaft aus Sicht der Bevölkerung bisher einen relativ guten Leumund. Man hat sich damit arrangiert, dass es eine Schufa gibt, die registriert, wie kreditwürdig man ist. Ein Laden, den vermutlich ein Großteil der Deutschen in staatlicher Hand und nicht in Bankenbesitz wähnt, und der nur in Einzelfällen mal ins Gerede kam. Insgesamt war die Schutzgemeinschaft der gute Verein zur Kreditabsicherung. Ergänzt wurde all dies durch ein hervorragendes, aber sachlich höchst fragliches Werbe-Argument: Schließlich schütze man auch den Verbraucher vor sich selber, wenn ihm keine weiteren Kredite gewährt werden. Eine Verballhornung des Wortes Entmündigung. Die Schufa muss den Datenschützern dankbar sein. Vieles spricht dafür, dass die Auskunftei ihr Facebook-Vorhaben einstampft. Damit hätten die Datenschutzbeauftragten der Schutzgemeinschaft vermutlich das Geschäftsmodell gerettet. Und dem Vorstand den Hals. Denn es stellt sich die Frage, welche seriösen Daten aus Facebook und Twitter zu filtern sein sollen, die dann in eine ernsthafte Kreditbewertung einfließen könnten. Als Unternehmen oder Bank wird man doch gezwungen, angesichts solcher Vorhaben die Schrott-Daten infrage zu stellen. Was bleibt, ist wieder einmal die völlige Überbewertung von Facebook abseits der Werbewirtschaft. Außer 20 Millionen Facebook-Nutzern, die sich dort munter unterhalten, bietet die Plattform kaum wirtschaftlich relevante Inhalte. Zumindest nicht für Anbieter wie die Schufa. Es sei denn, man nimmt die Inhalte auf Facebook ernst. Und genau hier liegt des Pudels Kern. Es gibt einfach zu viele - Verzeihung - Deppen, die auf Facebook ihr gesamtes Privatleben ausbreiten. Und erst diese grenzenlose Naivität macht Facebook interessant - auch für Auskunfteien wie die Schufa. Damit ist die Angelegenheit eigentlich kein Fall für Datenschützer. Schließlich geben die Facebook-Nutzer ihre Daten freiwillig her. Es ist eher ein Fall mangelnder Aufklärung, wie gefährlich die Verbreitung privater und sensibler Daten in solchen sozialen Netzwerken ist. Aufklären muss man aber auch die Schufa - darüber, dass bei Facebook nicht nur Deppen unterwegs sind. Das zeigt sich besonders darin, dass sich die Internet-Gemeinde schon wieder selber hilft. Längst kursieren auf Facebook nicht ganz ernst gemeinte Hinweise für Schufa-optimierte Profile: "Posten Sie einfach ab und zu, dass Sie niemals Ihr Konto überziehen würden. Das könnte ihrer Kreditwürdigkeit auf die Sprünge helfen." Ob Vergleichbares auch bei GEZ und TÜV hilft, wird bereits intensiv diskutiert.
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