Weser-Kurier: Der Bremer WESER-KURIER schreibt zur Debatte um eine Parlamentsreform:
Bremen (ots)
Der Vorstoß von Thomas Oppermann ist eine gute Idee, leider mit wenig Chancen auf Verwirklichung. Seit dem Desaster beim Meldegesetz, bei dem die meisten Abgeordneten zu wenig wussten und hinterher nichts mehr davon wissen wollten, ist eine Debatte über eine Bundestagsreform entbrannt. Zumindest SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann hat sich des Themas intensiv angenommen und eine Reihe von Vorschlägen ausgearbeitet, die mehr Leben ins Parlament bringen sollen. Vielleicht fühlt sich ja auch Bundestagspräsident Norbert Lammert, dessen Reformvorschläge vor zwei Jahren von den Mehrheitsfraktionen geflissentlich überhört wurden, wieder zu neuer Aktivität ermutigt. Eine regelmäßige Fragestunde nach britischem Vorbild, in der sich eine deutsche Kanzlerin oder ein deutscher Kanzler als Regierungschef aktuellen Fragen der Abgeordneten stellen muss, ist ein guter Ansatz. Denn die bisherigen Fragestunden hauchen dem Parlament wahrlich kein Leben ein, weil zumeist parlamentarische Staatssekretäre vorbereite Standardantworten vom Blatt runterleiern und zuweilen nicht einmal merken, dass sie vom falschen Zettel ablesen. Die Fragestunden freilich sind nicht das einzige Problem, das eine Reform des Bundestagsbetriebs notwendig macht. Oppermanns Kritik, dass vor allem in den regelmäßigen Bundestagsmarathonsitzungen an Donnerstagen die für nach 22<ET>Uhr angemeldeten Reden gar nicht mehr gehalten, sondern nur noch zu Protokoll gegeben werden, trifft ins Schwarze. 15<ET>500mal ist das allein in der vergangenen Legislaturperiode passiert. Damit ist jede vierte Rede überhaupt nicht gehalten worden. Dabei steht doch im Grundgesetz: "Der Bundestag verhandelt öffentlich." Nun mag ja manche dieser nicht gehaltenen Reden nicht unbedingt nötig gewesen sein. Ärgerlich aber und dem ohnehin nicht gerade hohen Ansehen des Parlaments auch ziemlich abträglich ist es, wenn wie beim Meldegesetz wegen eines Spiels der deutschen Fußballnationalmannschaft ein Gesetz ohne Diskussion verabschiedet wird, das sich schon ein paar Tage später als schwer korrekturbedürftig erweist.
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