Weser-Kurier: Zur Platzvergabe im NSU-Prozess schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Bremen (ots)
Jetzt soll also das Los entscheiden, wer vom NSU-Terroristenprozess in München berichten darf und wer nicht. Dem Glück im Verfahren wird etwas auf die Sprünge geholfen: Damit türkische Medien sicher im Verhandlungssaal vertreten sind, werden für sie vier Plätze reserviert. Damit ist den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen. Es wird trotzdem Ärger geben. Denn schon jetzt ist abzusehen, dass viele Medien, die im ersten Anlauf einen der 50 festen Journalistenplätze ergattert hatten, beim zweiten Mal draußen vor der Tür bleiben werden. Nur acht Plätze sind für deutsche Tageszeitungen vorgesehen. Allein in München und Nürnberg, wo einige der NSU-Morde verübt wurden, sind sechs Tageszeitungen ansässig, die natürlich allesamt ein gesteigertes Interesse an einer eigenen Berichterstattung haben. Wenn es der Zufall will, müssen alle draußen bleiben. Wie man's macht, macht man's falsch, könnte man zugunsten des viel gescholtenen Oberlandesgerichts München annehmen - doch es hätte durchaus eine Lösung gegeben, nämlich die Übertragung der Verhandlung in einen zweiten Saal innerhalb des Justizkomplexes. Wenn sogar im Bundesverfassungsgericht der Ton der Verhandlungen in einen Nebenraum übertragen wird, so ist dies ein eindeutiges Zeichen dafür, dass eine solche Lösung rechtlich nicht zu beanstanden wäre. Es hätte sicher auch Kanäle gegeben, über die sich das OLG München der Revisionsfestigkeit einer solchen Maßnahme hätte versichern können. Wenn man denn nur gewollt hätte. Doch bisher hatte man nicht den Eindruck, dass in München guter Wille im Überfluss vorhanden gewesen wäre. Eine Zeitung hat den Senatsvorsitzenden denn auch als einen "Mann wie ein Paragraf" geschildert - vergleichbar kommunikativ und ebenso sympathisch. Allzu traurig müssen aber diejenigen, die zunächst vor der Tür bleiben, wohl nicht sein. Erfahrungsgemäß lichten sich die Reihen der Journalisten rasch, wenn der Prozess in seinen zähen Alltag übergeht. Und dieser zähe Alltag soll zwei Jahre andauern. Wer also Rechtsterroristin Beate Zschäpe und ihre Unterstützer erleben will, wird dazu noch hinreichend Gelegenheit haben.
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