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Weser-Kurier: Zum digitalen Klassenzimmer schreibt Silke Hellwig:

Bremen (ots)

School Solutions" für "interaktives Lernen durch die Digitalisierung von Klassenzimmern", meine Herrn, das klingt schon nach was: modern, innovativ, zukunftsgewandt. Solche "Solutions" sind selbstverständlich auch ganz im Sinne des Branchenverbands Bitkom - Hunderttausende von Klassen digital besser auszustatten, ist ein vielversprechendes Geschäftsfeld. Es gibt viel zu tun: Dass im Hochtechnologieland Deutschland inzwischen jedes zweite Klassenzimmer online ist, verdeutlicht die Situation; an gutem Willen fehlt es nicht, nur an Geld. Wenn in Bremen geklagt wird, dass Inklusionsklassen eine gute Sache, aber leider oft unterfinanziert sind, kann man da wollen, dass mehr Klassenzimmer digitalisiert werden? Natürlich wäre es grober Unfug, wenn sich Schulen zeitgenössischen Medien verschlössen. Grundschulkinder wischen ganz selbstverständlich mit ihren kleinen Wurstfingern über Touchscreens und erschließen sich digitale Welten. Das muss ein Echo in der sogenannten Lernkultur finden. Aber es reicht nicht, Klassen mit Tablet-PCs und Whiteboards auszustatten, über Facebook zu kommunizieren und in Lehrplänen so fächerübergreifend wie schwammig Medienkompetenz als Lernziel festzuschreiben. Da muss mehr passieren. Wer ein Touchpad mit verbundenen Augen bedienen kann, kann noch lange nicht mit neuen Medien umgehen. Wenn Schule lehren kann, wie man sich digitale Medien untertan macht statt umgekehrt, sich davon abhängig - bitte, das ist gut und schön und hilfreich fürs ganze Leben. Aber, und das ist ein gewaltiges Aber, wenngleich auch etwas gemein und platt: Solange in Deutschland Kinder ohne Frühstück in der Schule sitzen, solange Mädchen und Jungen aus schwierigen Familien nur in Ausnahmefällen Abitur machen, solange Deutschland bei Pisa und ähnlichen Studien beschämend schlecht abschneidet, sollten die Kultusminister der Nation "School Solutions" für andere Fragen finden als für die Digitalisierung der Klassenzimmer. Lesefähigkeit und Mathematikverständnis kann man wunderbar mit dem Tablet entwickeln, aber eben auch ohne.

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