Weser-Kurier: Kommentar von Alexander Pitz zum Abschiebehaft-Urteil des EuGH
Bremen (ots)
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist ganz und gar nicht überraschend. Dass es gegen EU-Recht verstößt, Abschiebehäftlinge gemeinsam mit gewöhnlichen Strafgefangenen in herkömmliche Knäste zu sperren, ist schon seit Jahren klar. Der Wortlaut der entsprechenden EU-Richtlinie lässt daran keinen Zweifel. In dieser steht, dass illegale Migranten "grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen" untergebracht werden müssen. Normale Gefängnisse seien lediglich dann zulässig, wenn im jeweiligen Mitgliedsstaat "spezielle Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind". Im Deutschland gibt es aber gleich mehrere solcher Spezialeinrichtungen. Doch aus fragwürdigen Erwägungen gelangten etliche Landesregierungen zu einer ganz eigentümlichen Rechtsauslegung: Sie bezogen die Ausnahme, die für die 28 EU-Mitgliedsstaaten vorgesehen ist, kurzerhand aufs eigene Bundesland. Während etwa Niedersachsen und Bayern wenigstens schlau genug waren, rechtzeitig vor dem EuGH-Urteil von dieser unhaltbaren Position abzurücken, hielten Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen bis zuletzt daran fest. Weder gibt es dort gesonderte Unterkünfte noch kamen die Landesminister auf die Idee, mit anderen Bundesländern zu kooperieren. Diese Tatenlosigkeit zeugt nicht nur von Ignoranz und fehlendem politischen Instinkt, sie ist zudem in hohem Maße verantwortungslos. Ein Migrant, der sich illegal in Deutschland aufhält, ist noch lange kein Verbrecher und darf deshalb auch nicht wie einer behandelt werden. Ihn aus Kostengründen oder schlicht aus Bequemlichkeit in ein normales Gefängnis zu stecken, ist zwar die einfachste Lösung - anständig ist dieser Umgang nicht. Dass es nun erst eines Richterspruchs bedurfte, um die verschlafenen Politiker zum Umdenken zu bewegen, ist ein Armutszeugnis. Die dreiste Behauptung der Hamburger Innenbehörde, man sei auf das Urteil aus Luxemburg gut vorbereitet, klingt da wie ein schlechter Witz.
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