Weser-Kurier: Joerg Helge Wagner über den FDP-Parteitag
Bremen (ots)
Befreite Demokraten
War da was? Absturz, Pulverisierung, außerparlamentarische Opposition, Totenglöcklein? Dass die FDP heute nicht auf dem Niveau der Piratenpartei vegetiert, hat sie vor allem einem Mann zu verdanken: Christian Lindner. Der hat mit geradezu übermenschlichem Engagement und Selbstvertrauen die versprengten Truppen gesammelt, neu formiert und wieder in die Parlamente, in Mainz sogar in Regierungsverantwortung geführt.
Und doch ist es übertrieben, wenn der "Spiegel" ätzt, die Truppe solle sich doch gleich in CLP umbenennen, sie bestehe ja bloß aus einem Mann. Die alten Kämpen wie Wolfgang Kubicki und Hermann Otto Solms waren ja nie weg, haben den Laden zusammengehalten. Immerhin so gut, dass plötzlich Menschen kamen, die die Partei viel zu lange sträflich vernachlässigt hatte: junge, urbane, erfolgreiche Frauen wie Katja Suding in Hamburg oder Lencke Steiner in Bremen. Ade, alter Honoratioren-Club! Endlich kann man sich Milieus zurückholen, die man scheinbar auf ewig an die Grünen verloren hatte.
Die FDP hat politisch wieder Kredit: Die Grabenkämpfe zwischen sozialliberalen und wirtschaftsliberalen Vertretern sind einer neuen Geschlossenheit gewichen. Der Parteitag belohnt Lindner mit soliden 91 Prozent Gefolgschaft - das kann am Ende mehr wert sein als eher schon peinliche 100 Prozent anderswo. Klug vermeidet Lindner eine Koalitionsaussage: Die Nibelungentreue zur CDU hatte die Liberalen schon 1998 die Regierungsbeteiligung gekostet und die erste rot-grüne Bundesregierung ermöglicht. Das wird Lindner mit Rot-Rot-Grün nicht passieren.
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