Rheinische Post: Kommentar: Euro-Richter
Düsseldorf (ots)
Es scheint, als wollten die Finanzmärkte den deutschen Verfassungsrichtern noch mal den Ernst der Lage klar machen: Gestern verlangten die Anleger mehr als sieben Prozent Zinsen für spanische Staatsanleihen und trieben die Risikoaufschläge damit genau über jene Marke, bei der auch Portugal und Irland die Waffen strecken und Hilfe in Anspruch nehmen mussten. Die Anleger wollen endlich wissen, welche Hilfe das tief in der Bankenkrise versunkene Spanien zu welchen Bedingungen bekommt. Vor dieser Kulisse verhandelt Karlsruhe heute über Eilanträge gegen den Rettungsfonds ESM. Eine schwere Entscheidung. Geben die Richter den Eilanträgen statt, wäre der ESM tot. Denn ohne Deutschland, das für mehr als ein Viertel der Hilfe einsteht, kann der Fonds nicht starten. Ohne ESM aber wird die Spanien-Rettung schwierig und eine Italien-Rettung unmöglich. Das wissen auch die Richter. Sie werden Bundesregierung und Bundestag berechtigterweise zu mehr Sorgfalt ermahnen - aber sie werden am Ende den Weg für den ESM freimachen. Für den sonst nahenden Zerfall der Euro-Zone werden selbst die machtbewussten Richter keine Verantwortung übernehmen wollen. Den Euro zu retten oder zu begraben, werden sie vernünftigerweise der Politik überlassen.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell