Rheinische Post: Kommentar: Tödlicher Skandal
Düsseldorf (ots)
Dass der Chef der Transplantations-Kommission der Bundesärztekämmer, Hans Lille, zum Organspende-Skandal an der Göttinger Uni-Klinik die naive Erklärung abgibt, er habe sich nie vorstellen können, dass ein deutscher Arzt so handelt, macht die Dimensionen des Falles deutlich. Die Organ-Transplantation in Deutschland muss dem Dunkelfeld der ärztlichen Selbstkontrolle entzogen werden. Als der Bundestag im Mai die Reform der Organspende samt regelmäßiger Befragung aller Versicherten zu ihrer Spende-Bereitschaft beschlossen hat, wäre er gut beraten gewesen, auch die Transparenz und Kontrolle zu verbessern. So erschreckend die Göttinger Vorfälle sind - die möglichen Folgen reichen weit über den aktuellen Verdacht hinaus, dass Menschen gestorben sind, weil deutsche Ärzte sich schmieren ließen und gegen Bezahlung über Leben und Tod gerichtet haben. Auf der Eurotransplant-Warteliste, die Deutschland gemeinsam mit Belgien, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und Slowenien unterhält, stehen 16 000 Patienten. Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen, weil Spender-Organe fehlen. Es ist zu befürchten, dass die Zahl der Spender nun zurückgehen wird. Das Misstrauen gegen die Organspende wird weiter geschürt.
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