Rheinische Post: Kommentar: Ohrfeige für Kroatien
Düsseldorf (ots)
Angela Merkel, davon darf man ausgehen, hat ihre Teilnahme an den Feierlichkeiten zum EU-Beitritt Kroatiens nicht leichtfertig abgesagt. Nun soll ein einfacher Diplomat Deutschland bei der Zeremonie vertreten - so etwas nennt man eine schallende politische Ohrfeige. Dahinter steckt wohl, trotz aller offiziellen Dementis, das Gezerre um die Auslieferung eines früheren kroatischen Geheimdienstchefs, der Anfang der 80er Jahre den Befehl für die Ermordung eines Dissidenten in München gegeben haben soll. Dass die kroatische Regierung den mit internationalem Haftbefehl gesuchten Mann weiter protegiert, ihn sogar mit einem eilig gezimmerten Sondergesetz vor einer Überstellung an die deutsche Justiz schützen will, nährt die Zweifel an der Beitrittsreife des Balkanlandes. Kroatien hat auf dem Weg nach Europa zweifellos große Fortschritte gemacht, aber es bleibt auch noch sehr viel zu tun. Deswegen muss die EU dem neuen Mitglied in aller Freundschaft sofort klarmachen, dass rechtsstaatliche Regeln strikt einzuhalten sind. Die Mitgliedschaft im EU-Club hat eben ihren Preis.
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