Rheinische Post: Diktatorin Finanznot
Düsseldorf (ots)
Von Reinhold Michels
Das Wichtigste für Staatsleute sei der Mut. Das sagte der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer, der von 1949 bis 1963 regierte. Mut gehabt zu haben, das wird man der künftigen neuen Regierung nicht bescheinigen. Merkel spricht von einer "Koalition der neuen Möglichkeiten". Sie hätte besser von "neuen, begrenzten Möglichkeiten" gesprochen. Die schiere Finanznot saß wie eine Diktatorin mit am Tisch, als in Berlin ernsthaft verhandelt wurde. Aber am Ende wochenlanger Intensivgespräche zwischen CDU/CSU und SPD wurde doch auch dies deutlich: Sie haben sich Mühe gegeben, sich am Riemen gerissen und, mit der prominenten bayerischen Ausnahme vielleicht, das Partei- dem Gemeinwohl nicht ungehörig übergeordnet. Jeder, der jetzt den umfangreichen, natürlich auch - wie könnte das anders sein bei solch einem Sammelband - unzulänglichen Bündnisvertrag symbolisch in Stücke reißt, sollte selbstkritisch sein und daran denken, dass eine große Mehrheit der Wahlberechtigten die große Koalition gewollt hat. Die Wähler haben etwas zusammengepfercht, was politisch jetzt erst einmal zusammengehören muss. Das Leben ist kein Wunschkonzert, und die Politik ist wichtiger Teil des Lebens. Die Wahlverlierer vom 18. September haben es verdient, dass niemand schon über sie herfällt, bevor sie zu regieren begonnen haben. Aus Vernunftehen kann auch etwas Gutes werden.
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