Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena)
Energiewende kostet, aber es lohnt sich
dena-Chef Kohler: Atomausstieg ist machbar
Konsequenzen und Kosten sind große Herausforderung
Akzeptanz der Bevölkerung mit ehrlicher Diskussion erreichen
Berlin (ots)
18. April 2011. Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) befürwortet den Atomausstieg und hält ihn in einem Zeitraum bis 2020/2025 für machbar. Dies gibt ausreichend Zeit, um den Einstieg in eine umfassende Energiewende sozialverträglich zu gestalten und den Industriestandort Deutschland zu sichern. Der Bevölkerung dürfe aber nichts vorgemacht werden. Es gehe nicht nur um das Aufstellen von Windrädern und Solarzellen, sondern um die Optimierung des gesamten Energiesystems. Für den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze und moderner fossiler Kraftwerke rechnet die dena nach eigenen Schätzungen mit einer Erhöhung des Strompreises um 4 bis 5 Cent pro Kilowattstunde (Cent/kWh). Das würde die Stromkosten zum Beispiel für private Haushalte um rund 20 Prozent steigern. Diese Kraftanstrengung sei für den Klimaschutz und den Atomausstieg gerechtfertigt und werde sich langfristig auszahlen.
Stephan Kohler, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung: "Der Atomausstieg ist richtig und machbar, die Energiewende erst recht. Richtig, weil es der Klimaschutz, der Schutz vor Atomrisiken und der Wandel zu einer postfossilen Weltwirtschaft gebieten; machbar, weil Deutschland über die dafür nötige Leistungsfähigkeit und Innovationskraft verfügt. Aber diese Wende wird kein leichtes Manöver, das muss allen klar sein und klar gemacht werden. Die Strom- und Energieerzeugung wird mit ihren Kraftwerken und Anlagen, Netzen und Speichern näher an die Menschen rücken, das Landschaftsbild beeinflussen, Fragen über Auswirkungen auf Natur und Umwelt aufwerfen. Wenn wir die Menschen langfristig für diese Herausforderung gewinnen wollen, müssen wir die Debatte ehrlich führen und die ganze Tragweite des Wandels samt der Kosten realistisch benennen."
Kosten der Energiewende
Die dena rechnet bei einem Atomausstieg bis 2020/2025 und einer forcierten Wende hin zu einer klimaschonenden, verlässlichen und risikoarmen Energieversorgung mit folgenden Kosten:
Erneuerbare Energien: Die Kosten für die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung von derzeit 17 auf 38 Prozent im Jahr 2020 werden mit rund 2 Cent/kWh berechnet. Es wird unterstellt, dass 2020 rund 110.000 MW installierte Erneuerbare-Energien-Kapazitäten in Deutschland stehen: 47.000 MW Windenergie, davon 14.000 Offshore; 50.000 MW Photovoltaik.
Netze: Der Um- und Ausbau der Verbund- und Verteilnetze ist mit zusätzlichen Kosten von rund 1 Cent/kWh verbunden. Darin sind auch die Kosten für die optimierte Steuerung des Netzes (Smart Meter, Smart Grids) enthalten. Auf der Höchstspannungsebene ist nach dena-Netzstudie ein Ausbau in der Größenordnung von 4.500 Kilometern erforderlich, auf der Mittel- und Niederspannungsebene nach Berechnungen des BDEW von 200.000 bis 400.000 Kilometern.
Fossile Kraftwerke: Die Kosten für die Modernisierung der konventionellen Stromerzeugung werden konservativ mit rund 1,5 Cent/kWh abgeschätzt. Die dena rechnet bis 2020 mit dem Bau von 15 bis 20 neuer Erdgas- oder effizienter Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt 10.000 bis 12.000 MW. Die Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wird verdoppelt, von heute rund 11 auf 22 Prozent. In der Kostenschätzung ist die Förderung für den KWK-Ausbau mit eingerechnet. Der Betrieb von Gas- und Kohlekraftwerken wird sich immer mehr an die fluktuierende Einspeisung aus Wind- und Solarkraftwerken anpassen müssen. Sie werden insgesamt nicht mehr so stark ausgelastet sein. Dadurch erhöhen sich die spezifischen Stromerzeugungskosten in diesen Kraftwerken.
Speicher: Die Kosten für zusätzliche Speichertechnologien können heute noch nicht realistisch abgeschätzt werden, da noch nicht absehbar ist, welche Speichertechnologien bis in diesen Zeitraum einsetzbar sind. Die dena befürwortet den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken auch in Deutschland, was die einzig wirtschaftlichen Speicher aus heutiger Sicht darstellen. Es wird aber auch sehr stark über den Einsatz von Batteriespeichern diskutiert, sowohl im mobilen als auch im stationären Bereich. Aufgrund dieser unsicheren Situation werden hierfür noch keine Kostenangaben gemacht.
Bei der konsequenten Umsetzung der Energiewende wird es durch die Optimierung der Ausbaustrategie und die Ausschöpfung weiterer technischer Fortschritte zu Kostensenkungen kommen, die heute noch nicht abschätzbar sind. Beim Stromverbrauch geht die dena davon aus, dass mit einer konsequenten Strategie eine Senkung um 8 Prozent bis 2020 möglich ist. Zumindest sollte es aber gelingen, den Verbrauch auf dem heutigen Niveau zu stabilisieren.
"Die Energiewende lohnt sich", betont Kohler. "Weltweit streben die Menschen nach Wohlstand, Komfort und Lebensqualität. Wenn Industrieländer wie Deutschland demonstrieren, wie diese Bedürfnisse klimaschonend befriedigt werden können, wird das für andere Länder ein Vorbild sein und den Klimaschutz und die Versorgungssicherheit international voranbringen. Für die deutsche Wirtschaft ist Klimaschutz der Zukunftsmarkt."
dena-Szenarien für die Energiewende
Für die Energiewende bedarf es klarer und verlässlicher Rahmenbedingungen und einer soliden Strategie. Die dena hat in den vergangen Jahren die dafür notwendigen Grundlagen geschaffen: mit den Netzstudien I (2005) und II (2010), der Kraftwerksstudie (2008, 2009), der Speicherstudie (2010) und vielfältigen Gutachten zur Energieeffizienz im Strom- und Gebäudebereich. Die dena betrachtet sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite und verstärkte Vernetzung der beiden Seiten.
Mehr Informationen zu den Studien der dena: www.dena.de/studien
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