"Wir sind Freunde und wir sind Liebende" Oscarpreisträgerin Vanessa Redgrave und Ehemann Franco Nero im exklusiven Tele 5-Interview über...
München (ots)
...ihren ersten romantischen Abend, zynische Kollegen und die Liebe zum Kino.
Tele 5 zeigt am Montag, 11. August, 20.15 Uhr, den Zweiteiler 'Die junge Katharina' mit Julia Ormond, Franco Nero und Vanessa Redgrave
Tele 5: Schön, sie beide als Paar vereint zu sehen. Kennengelernt haben Sie sich 1967 bei den Dreharbeiten zu 'Camelot'. War es Liebe auf den ersten Blick?
Vanessa Redgrave: Ich fand ihn sofort toll, zum Anbeißen, und das ist er immer noch. Aber wir wollen mal hören, was er damals dachte...
Franco Nero: Als sie damals am Set erschien, habe ich schon gestaunt: Völlig ungeschminkt, mit strubbeligen Haaren, Brille und schmutzigen Jeans.
Vanessa Redgrave: Meine Jeans waren nicht schmutzig!
Franco Nero: Na ja, ein wenig abgetragen waren sie schon. Ich habe dann den Regisseur beiseite genommen und gesagt: "Hör mal, die ist doch hässlich, meinst du, das ist die Richtige für die Rolle?" Und dann habe ich in meiner Garderobe einen Zettel gefunden. Vanessa lud mich zum Essen ein, auf italienisch wohlgemerkt. Wir trafen uns am Abend in ihrem Haus, und da öffnete mir eine wunderschöne Dame, die ich zuerst überhaupt nicht als Vanessa erkannte. So begann unsere Liebe.
Vanessa Redgrave: Wir waren viel unterwegs damals. Rom, Paris ... dann sind wir nach Spanien in die Berge. In den Bergen habe ich Wasser für dich hinauf und hinunter geschleppt.
Franco Nero: Vorher waren wir noch in Cannes, um auf dem Festival 'Blow up' anzusehen.
Vanessa Redgrave: Ich hätte jetzt so gerne eine Zigarette..
Tele 5: Sie haben über die Jahre viele Filme gemeinsam gemacht und beide mit illustren Regisseuren gearbeitet wie Bunuel, Antonioni, Fassbinder, Ivory...
Vanessa Redgrave: Das waren die Tage, in denen Europa sein Kino noch kannte und liebte. Auch die jungen Menschen. Und das ist die Welt, an die wir uns erinnern.
Tele 5: Hat sich alles so sehr verändert?
Franco Nero: Das Fernsehen hat viel kaputt gemacht. Früher wusste man nicht so viel über Schauspieler. Man erträumte sie sich.
Vanessa Redgrave: Heute ist alles bekannt. Ihre Romanzen, ihre Trennungen, alles wird veröffentlicht.
Franco Nero: Das zerstört die Magie. Menschen wollen träumen. Es wird nie mehr so sein wie früher, nie mehr.
Vanessa Redgrave: Aber wir können es versuchen. Du versuchst das die ganze Zeit.
Franco Nero: Ich hatte im Laufe meiner Karriere mindestens 50 Angebote, in Werbespots aufzutreten. Aber ich will das nicht machen, weil ich immer noch zu der alten Generation gehöre. Wie kann ich in einem Werbespot über Kaffee mitspielen und dann erwarten, dass die Menschen ins Träumen geraten, wenn sie mich auf der Leinwand sehen? Aber offensichtlich irre ich mich. Alles hat sich geändert Denn die ganzen großen Stars machen das heute. George Clooney macht alles, Espresso, Campari..
Vanessa Redgrave: Omega Uhren.
Franco Nero: Richard Gere, Harrison Ford, Robert de Niro. Die ganzen Top-Schauspieler sind dabei. Es gibt nur einige wenige, die darauf verzichten wie Al Pacino oder Robert Redford. Erst letztes Jahr habe ich wieder eine Menge Geld abgelehnt. Das Leben ist schön, wenn man am Abend zu sich selbst sagen kann: Ich bin stolz auf das, was ich tue. Also vergiss das Geld, man darf nicht zum Sklaven des Geldes werden.
Vanessa Redgrave: Unser Sohn Carlo ist unglaublich talentiert. Aber er hat es schwer, denn er will gute Filme machen. Und das ist heutzutage ein Problem. Deswegen freut es mich umso mehr, dass ich von der Screen Actors Guild eine Nominierung bekommen habe für meine Arbeit in 'Fever', einem Film von Carlo Nero!
Tele 5: Sie sind seit 15 Jahren UNICEF-Botschafterin. Und auch Ihr Mann engagiert sich sehr für mehr soziale Gerechtigkeit.
Vanessa Redgrave: Ja, er unterhält seit Jahrzehnten ein Waisenhaus in Italien.
Franco Nero: Wir kämpfen gegen die kalte Dusche der Gleichgültigkeit. Ich war überall in der Welt und überall herrscht Not und Ungerechtigkeit. Einer allein kann nur wenig tun, aber auch ein Ozean besteht aus lauter Tropfen; jeder von uns kann einen Tropfen geben.
Vanessa Redgrave: Mir tut es vor allem für die jungen Menschen so leid. Die britische Medienindustrie beispielsweise lässt sie kostenlos arbeiten und sie machen es, weil sie hoffen, dass sie so den Fuß in die Tür bekommen. Aber nach drei Monaten stehen sie wieder auf der Straße. Der Boden unter ihren Füßen ist wie brüchiges Eis.
Franco Nero: Letztes Jahr habe ich in einem Film gespielt über Minenarbeiter. Ohne Gage. Ein kleiner, aber sehr wichtiger Film. Während der Dreharbeiten habe ich einen Anruf bekommen von einer dieser stupiden italienischen Fernsehshows. Die haben mir eine Riesenmenge Geld angeboten. Natürlich habe ich abgelehnt. Ich will damit nur sagen: Mit dem Geld aus dieser trashigen Show hätte man vier solcher Filme machen können. 90 Prozent von dem was im Fernsehen produziert wird, kann man leider vergessen, da geht Quantität vor Qualität.
Tele 5: Frau Redgrave, Tennessee Williams hielt Sie für die "größte Schauspielerin ihrer Zeit". Was ist das Geheimnis Ihrer Kunst?
Vanessa Redgrave: Es ist unmöglich zu schauspielern, wenn man nichts über die menschliche Natur weiß. Man muss sie studieren. Man muss sich selbst erforschen. Herausfinden, wer man ist. Ich studiere die Menschen und mich selbst.
Tele 5: Sie sind heute glücklich verheiratet. Warum werden immer mehr Ehen geschieden?
Vanessa Redgrave: Das ist doch offensichtlich. Man sollte sich mal die Bedingungen ansehen, unter denen die jungen Menschen in unserer modernen Gesellschaft leben. Es gibt nicht genug Arbeit. Keine bezahlbaren Wohnungen. Die Eltern leben oft weit entfernt und können ihre Kinder nicht unterstützen.
Tele 5: Warum hatten Sie beide sich getrennt, damals in den 60ern?
Vanessa Redgrave: Wir haben nie gesagt, dass wir uns wirklich getrennt hätten.
Franco Nero: Es ist in einer Liebesbeziehung normal, dass es gute und schlechte Momente gibt, Höhen und Tiefen. Das Allerwichtigste ist doch, dass wir jetzt nach vierzig Jahren immer noch hier sind. Wir schätzen einander, wir sind Freunde und wir sind Liebende.
Interview: Michaela Simon
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