Aktion Grundgesetz mischt sich in Diskussion um Sozialreformen ein
Menschen mit Behinderungen fordern "Lokale Teilhabepläne"
Rund 110.000 Menschen bei bundesweiten Aktionen
Bonn (ots)
Vor über 180 Rathäusern, Landesregierungs- oder Behördensitzen und auf Marktplätzen in ganz Deutschland forderten Menschen mit und ohne Behinderungen am Wochenende "Lokale Teilhabepläne". In mindestens ebenso vielen Städten und Gemeinden fanden zudem Kundgebungen, Diskussionen, Pressekonferenzen sowie Kulturveranstaltungen statt, die sich mit den laufenden Sozialreformen in Deutschland auseinander setzten. Insgesamt beteiligten sich trotz des schlechten Wetters bundesweit etwa 110.000 Menschen an den Aktionen zum 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, die in diesem Jahr wegen des Feiertages Christi Himmelfahrt vor allem am vergangenen Wochenende stattfanden. Geplant und koordiniert wurden sie von der Aktion Grundgesetz, einem Bündnis bundesweit arbeitender Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe. Eine bundesweite Anzeigenkampagne machte zusätzlich auf die Ziele und Aktionen des 5. Mai aufmerksam.
Zukunft gestalten mit dem Lokalen Teilhabeplan Ob in Berlin, Dresden, Bremen, Hannover, Kiel, Bergisch-Gladbach, Kassel, Frankfurt, Mainz, Aalen, Biberach, Nürnberg oder München - in zahlreichen Städten und Gemeinden regten Menschen mit und ohne Behinderungen die Entwicklung Lokaler Teilhabepläne an. Hintergrund: In ihrem unmittelbaren Umfeld stoßen Menschen mit Behinderungen in der Regel am häufigsten auf Barrieren. Daher werden sie, aber auch Einrichtungen, Vereine, Wirtschaft, Medien und Politik ab sofort gefragt: Wer tut eigentlich was, um Menschen mit Behinderungen Teilhabe zu ermöglichen? Was fehlt konkret? "Herauskommen soll", so Heike Zirden, Pressesprecherin der Aktion Mensch, "ein gemeinsamer Plan, wie sich die Kommunen in den nächsten Jahren verändern sollen, damit Menschen mit Behinderungen ohne Barrieren am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können."
Erste Früchte trägt die Initiative beispielsweise in Kassel. "Die Friedhofsverwaltung hat sich bereits gemeldet und für dieses Jahr den Umbau des Verwaltungsgebäudes angekündigt", so Ottmar Miles-Paul, einer der Kasseler Koordinatoren. "Unser Schreiben mit dem Fragebogen für einen lokalen Teilhabeplan wandert bereits durch die Verwaltung und die Stadt. Gestern rief die Stadtbibliothek bei uns an, heute die Feuerwehr und vorgestern erreichte uns bereits schon der erste beantwortete Fragebogen." Bundesweit haben über 130 Initiativen die Informationen über lokale Teilhabepläne angefordert und angekündigt, diese Initiative voran zu treiben.
Unterstützt wird die Initiative auch aus dem politischen Raum: Mit dem Lokalen Teilhabeplan werde "die Frage nach der jetzigen und der zukünftigen Lebenssituation behinderter Menschen auf die Tagesordnung der öffentlichen und politischen Diskussion in den Kommunen gesetzt", so der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Karl Hermann Haack. Das hält er "für einen sehr gelungenen und Erfolg versprechenden Ansatz". Denn Teilhabe und Gleichstellung behinderter Menschen könnten nur von den Betroffenen und mit den Betroffenen gemeinsam entwickelt und gestaltet werden. Schleswig-Holsteins Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht appellierte "an alle kommunalpolitisch Verantwortlichen, in ihren Städten und Gemeinden Teilhabepläne gemeinsam mit den Menschen mit Behinderung, der Wirtschaft und anderen Organisationen zu entwickeln." Von diesen Plänen profitierten viele Bereiche - zum Beispiel auch die wachsende Gruppe der älteren Seniorinnen und Senioren sowie der barrierefreie Tourismus als Wirtschaftsfaktor.
Wie reformiert man Solidarität, Verantwortung und Gerechtigkeit? Die Aktionen um den 5. Mai sind Teil einer Kampagne, an der sich rund 60 bundesweit arbeitende Wohlfahrts- Sozial-, Eltern- und Selbsthilfeorganisationen beteiligen. Unter dem Motto "Wie reformiert man Solidarität, Verantwortung und Gerechtigkeit?" begleiten sie seit 2004 die Diskussion um die Reform des Sozialen in Deutschland kritisch und weist auf die konkreten Auswirkungen für Menschen mit Behinderungen hin. Außerdem entwickeln die Organisationen eigene Vorschläge für die Weiterentwicklung der sozialen Systeme, mehr Eigenverantwortung der Betroffenen, Entbürokratisierung sowie Impulse für die Zivilgesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist für Ende des Jahres eine große Tagung unter dem Titel "Teilhabe als politisches Gestaltungsprinzip" geplant.
Die Aktion Grundgesetz
Seit 1997 streiten rund 60 Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe in der von der Aktion Mensch ins Leben gerufenen Aktion Grundgesetz für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Deutschland. Gemeinsames Ziel: das Verfassungsgebot "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." (Art. 3, Abs. 3 GG) im Alltag umzusetzen. Außerdem will die Aktion Grundgesetz das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedürfnisse und Interessen von Menschen mit Behinderungen sensibilisieren. Weitere Informationen unter www.aktion-grundgesetz.de
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