Lausitzer Rundschau: Für das Allgemeinwohl Kabinett verabschiedet Enteignungsgesetz
Cottbus (ots)
Nein, die Linkspartei hat nicht das Kanzleramt besetzt. Und auch am Kabinettstisch sitzen nach wie vor die Politiker der Großen Koalition. Daran muss erinnert werden, wenn diese Bundesregierung nun ein Gesetz auf den Weg gebracht hat, das auch die Möglichkeit der Enteignung von Bank-Aktionären einschließt. Trotzdem ist das Wehgeschrei groß. In der Union wittert man einen Verrat an allem, was der Partei bislang heilig war. Dabei sind wir von einem gesellschaftlichen Umsturz weit entfernt. Wenn überhaupt, dann haben ihn die Banken versucht. Sie erdachten die abenteuerlichsten Konstruktionen, um Geld zu scheffeln, hinter dem immer weniger realwirtschaftliche Werte standen. Das Resultat ist ein drohender Zusammenbruch maßgeblicher Kreditinstitute, der den ökonomischen Abwärtssog weiter beschleunigen würde. Jetzt soll ihnen der Staat die Risiken bedingungslos abnehmen, also der Steuerzahler. Im Grunde wollen die Banken einen Sozialismus der Verluste. In dieser Situation muss die Regierung wieder für Ordnung sorgen - notfalls auch mit der vorübergehenden Enteignung von Geldhäusern. Natürlich klingt das gewöhnungsbedürftig. Als der Staat zum ungewöhnlichen Mittel griff, der Bankenwelt mit Steuermilliarden zu helfen, war die ordnungspolitische Empörung deutlich leiser. Mittlerweile steht jeder Bundesbürger mit 2400.Euro für die Stabilisierung der angeschlagenen Kreditinstitute gerade. Fast die Hälfte davon entfällt auf die Hypo Real Estate (HRE). Soll dieses Geld nicht verloren gehen, muss der Staat stärkeren Einfluss auf die Geschäftsgebaren der HRE bekommen. Der Bundesregierung ist vorzuwerfen, dass sie diesen Pragmatismus nicht schon früher gepflegt hat. Der im vergangenen Herbst verabschiedete Banken-Rettungsschirm ist Ausdruck ideologischer Verklemmung, weil er existenzgefährdeten Großbanken ein Maximum an staatlicher Kapitalzufuhr in Aussicht stellt, aber nur ein Minimum an staatlicher Kontrolle. Dieses Ungleichgewicht wird im "Rettungsübernahmegesetz" nun gerade gerückt. Bedenkenträger in der Union argumentieren, dass das Vertrauen in die Marktwirtschaft damit den Bach hinunter gehe. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ohne Steuermilliarden wäre die HRE längst pleite. Um wieder Vertrauen in die Marktwirtschaft zu fassen, müssen die Bürger zur Überzeugung gelangen, dass Gewinne nicht einfach privatisiert und Verluste sozialisiert werden können. Dass der Staat sich von Bankaktionären erpressen lassen darf, steht nicht im Grundgesetz, wohl aber, dass eine Enteignung zum "Wohle der Allgemeinheit" zulässig ist.
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