Lausitzer Rundschau: Bundesregierung verhandelt in den USA über GM-Tochter
Cool bleiben bei Opel
Cottbus (ots)
Die Vorsicht, mit der die Bundesregierung an den Fall Opel herangeht, ist angebracht. Opel ist Tochter des amerikanischen Konzerns General Motors (GM). Die deutschen Steuerzahler würden es kaum akzeptieren, wenn ihre Milliarden in die USA verschwänden. Umgekehrt hätten die GM-Manager in Detroit natürlich eine Sorge weniger, wenn der deutsche Staat ihnen jene Spritze gäbe, um die sie in Washington derzeit noch betteln müssen. Die US-Regierung wäre wahrscheinlich auch nicht unfroh, wenn Europa ihr einen Teil der Arbeit abnähme. Dabei ist eigentlich nicht Opel das Sorgenkind, sondern es ist die Mutter, die an Siechtum leidet. Die europäischen Produkte des Konzerns sind anders als die amerikanischen durchaus erfolgreich. GM kann Opel nicht so leicht pleite gehen lassen, wie man denkt. Dann bräche dem Konzern der ganze europäische Markt weg, nachdem er auf dem amerikanischen schon im Sinkflug ist. Aber GM kann selbst pleite gehen. Das ist die komplizierte Gemengelage, die im Moment einem Pokerspiel gleicht. Bei dem legt man bekanntlich seine Karten nicht offen hin und sollte auch keine Nervosität zeigen. Die GM-Manager setzen voll darauf, dass sich vor allem die deutsche Politik wegen des anstehenden Wahlkampfes ein Nein zu einer Opel-Rettung gar nicht leisten kann. Und tatsächlich ist es ja so, das wissen Angela Merkel wie auch ihr Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: Wenn Opel dicht macht, ist das für Deutschland jenes Ereignis, das die Stimmung schlagartig ins Negative verkehren könnte. Dann bestimmt die Angst den Wahlkampf, und all jene werden davon profitieren, die billige Sicherheit versprechen. Aber diese Gefahr muss man aushalten. Die Verhandlungen sind ein Drahtseilakt. Erfolg werden die Europäer nur haben, wenn sie prinzipienfest sind. Kein Staatsgeld, wenn GM Opel nicht in die Eigenständigkeit entlässt, inklusive seiner technischen Patente. Der Mutterkonzern kann sich ja an dem neuen Unternehmen beteiligen und später an Gewinnen mitverdienen. Keine Unterstützung, wenn Opel nicht komplett von den Kassen in Detroit abgeschottet ist. Für die Amerikaner ist eine solche Lösung schwer. Denn wenn Opel ein leistungsfähiges Unternehmen wird, müssen sie womöglich bei sich die Überkapazitäten abbauen, die weltweit vorhanden sind. Vielleicht sogar ganze Marken einstellen. Um einige der Produkte wäre es unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung und Marktgängigkeit freilich nicht schade. Allerdings hat derjenige schlechte Chancen beim Pokern, der gar nicht setzen darf. Wenn Politiker wie Jürgen Rüttgers oder Franz Müntefering Opel für einen "industriellen Kern" oder gar "systemisch" erklären, wenn sie also sagen, der deutsche Staat müsse letztlich in jedem Fall einspringen, spielen sie das Spiel Detroits und Washingtons. Die gute Absicht ist in Sachen Opel der Feind des Guten. Die oberste Maxime muss in dieser Phase lauten, cool zu bleiben.
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