Lausitzer Rundschau: Politischer Aschermittwoch der CSU Flucht nach vorne
Cottbus (ots)
Im Jahr 2009 hatte Horst Seehofer auf dem Politischen Aschermittwoch seiner Partei enttäuschen müssen: Gesundheitlich angeschlagen beließ er es bei einer kurzen, zahnlosen Rede. Das Versäumte holte er diesmal zögerlich nach und nahm jenen groben Keil in die Hand, der traditionsgemäß auf den groben Klotz des Politischen Aschermittwochs in Niederbayern gehört. Die rund 3500 Zuhörer im Saal, darunter viele "eiserne" Aschermittwochs-Wallfahrer, konnte er so darüber hinwegtäuschen, dass es um die CSU schon einmal weitaus besser bestellt war. Von 60,7 Prozent bei der Landtagswahl 2008 stürzte sie auf einen Umfragewert von zuletzt 41 Prozent ab. In Bayern muss Seehofer als Ministerpräsident mit der Dauerkrise der Bayerischen Landesbank kämpfen und in Berlin kommt die schwarz-gelbe Koalition nicht so recht in Gang und sammelt Minuspunkte beim Wahlvolk. Dass es der anderen Volkspartei SPD noch schlechter geht, kann da nur ein schwacher Trost sein. Da hilft nur Flucht nach vorne. In Passau versuchte Seehofer den Spagat zwischen der alten krachledernen "Mir san mir"-CSU aus den Zeiten von Strauß und Stoiber und der CSU des 21. Jahrhunderts, die zum Beispiel über eine Direktwahl des Vorsitzenden nachsinnt. Es gelang nicht so recht überzeugend, obwohl Seehofer sein Bestes gab.Vielleicht auch deshalb, weil tumbes Draufdreschen und das Bedienen nicht allzu niveauvoller Erwartungen einerseits und moderne Politik andererseits sich einander ausschließen. Das ist genau das Problem der CSU: Sie muss die alten Strauß- und Stoiber-Anhänger bei der Stange halten, die Partei aber auch für ganz andere Zielgruppen und Ideen öffnen, wenn sie Volkspartei bleiben will. Für den Freistaat Bayern wurde mit "Laptop und Lederhose" ein geniales Motto gefunden, das Tradition und Fortschritt unter einen Hut bringt, für die CSU noch nicht. Schwer vorstellbar zum Beispiel, dass Karl-Theodor zu Guttenberg in der Passauer Nibelungenhalle dereinst eine Haudrauf-Rede halten könnte, die den Nerv der bierseligen Zuhörerschaft trifft. Aber auch Seehofer gab sich am Aschermittwoch ganz anders als sonst: Es war ein ganz anderer Seehofer, als er sich sonst präsentiert. Ein aggressiverer, kämpferischerer, ideologischerer - nicht unbedingt ein besserer. Irgendwann hat alles einmal ein Ende. Der "größte Stammtisch der Welt", organisiert von der CSU in Passau, funktioniert zwar noch, aber die Leidenschaft nimmt von Jahr zu Jahr ein wenig ab. Ihre Blütezeit hat die Veranstaltung in der zum Bersten gefüllten Nibelungenhalle zu Passau erlebt, als Franz Josef Strauß drei Stunden lang mit dem politischen Gegner und dem Rest der Welt abrechnete. Die Nibelungenhalle gibt es übrigens nicht mehr. Sie wurde schon vor Jahren abgerissen.
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