Lausitzer Rundschau: Hemdsärmeliger Mutmacher Die Rede des US-Präsidenten in Berlin
Cottbus (ots)
Barack Obama beherrscht den Platz am Rednerpult. Er kann von dort aus die Menschen packen und ihnen dank seiner lockeren Art Politik nahebringen. Um 15.29 Uhr trat der US-Präsident vors Mikrofon und hielt eine bemerkenswerte Rede. Sie dauerte dabei nicht einmal 30 Minuten, doch die Kernsätze bleiben wohl haften. Wie in einem Schnellkurs für Demokratie und Außenpolitik führte er die Zuhörer durch die wichtigen Themen der Zeit. Lobte zu Beginn sogar lächelnd das strahlende Berliner Wetter und entledigte sich des Jacketts. Und der US-Präsident schaffte es sogar, mit einem Satz die an sich strahlende Miene der zuhörenden Kanzlerin Angela Merkel für kurze Zeit zu verfinstern. "Wenn wir uns für die Rechte unserer schwulen und lesbischen Brüder und Schwestern einsetzen, verteidigen wir gleichzeitig unsere Rechte", forderte er. Und die Kanzlerin? Die schweigt seit Monaten eisern, wenn es um die Anerkennung von homosexuellen Lebensgemeinschaften oder Ehen geht. Mutlos umgeht sie dieses Thema - aus Angst vor den streng konservativen Mitgliedern der Union. Dieses Feld überlässt sie den Verfassungsrichtern in Karlsruhe, die mit ihren Urteilen allmählich für eine Gleichstellung solcher Lebensgemeinschaft mit der Ehe sorgen. Obama versuchte vor allem, für seine Politik zu werben. Er wich nicht von seiner Position ab, aber er erklärte sich, ging auf Bedenken ein - gerade auch mit Blick auf das NSA-Schnüffelprogramm Prism. Durch die Lauschaktionen würden Menschenleben gerettet, auch in Deutschland, sagte er. Er geht nicht arrogant über Kritik hinweg, sondern kämpft um Vertrauen. So verdient er es sich. Und er will die Welt sicherer machen, das Leitmotiv seiner Berliner Rede lautete "Frieden mit Gerechtigkeit". Seine Vision: weniger Atombomben. Dementsprechend kündigte er seine Bereitschaft an, das US-Kernwaffen-Arsenal um 33 Prozent zu verkleinern. An solchen Sätzen muss er sich nun messen lassen - doch Obamas Auftritt in Berlin zeigte auch deutlich, wie wichtig ihm Deutschland ist. Amerika hat nach dem Zweiten Weltkrieg Westdeutschland die Hand gereicht, es aufgebaut und geschützt. Obama lobte den Sieg der Freiheit. "Solange es Mauern in unseren Herzen gibt, müssen wir uns bemühen, diese Mauern einzureißen", appellierte er und forderte dazu auf, nicht stehen zu bleiben, sondern weiter Geschichte zu schreiben. Vor allem auch in Berlin, das heute pulsiert und für das neue, junge Deutschland steht - auch dank der Offenheit dieser Metropole. Obama hat einen Weg gezeigt, auf dem es sich lohnt, weiterzugehen . . .
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