Lausitzer Rundschau: Der Wert des Andersseins Was besondere Filme aus einer Stadt machen
Cottbus (ots)
Eine Gala ohne Kleiderordnung - so etwas kennst du nur, wenn du aus Cottbus kommt. Warum auch nicht? Da stehen Preisträger des Festivals des osteuropäischen Films in Turnschuhen neben Schauspielerinnen in hochhackigen Glitzerschuhen und Jury-Mitglieder im Smoking neben Regisseuren, denen das Hemd aus der Hose hängt. Sollte sich das Festival künftig eine Kleiderordnung geben? Eine hübsche Nebenfrage. Mehr Glanz und Glitzer würde das Festival nach außen wertiger erscheinen lassen. Hätte aber womöglich den Nebeneffekt, dass es Charme einbüßt. Wie gesagt: Eine Nebenfrage. Wichtig ist etwas anderes: Dass es dieses Festival in Europa überhaupt gibt und zwar in Cottbus - an der Nahtstelle zwischen Ost- und Westeuropa. Wollpullover hin, feine Seide her: Das Festival lebt und das soll es auch in den nächsten Jahren tun! Leider gibt es noch andere Fragen, die Jahr für Jahr aufs Neue beantwortet werden müssen. Es geht um den schnöden Mammon. Das Festival kostet Geld, das die Stadt, das Land und zahlreiche Sponsoren immer wieder aufs Neue in das Ereignis hineinstecken. Wie lange noch? Falsche Frage. Die richtige Frage lautet: Was ist das Festival wert? Eine Folge der Globalisierung ist der Untergang des Individuellen - und das schlägt sich leider auch in Kunst und Kultur nieder. Kulturelles Einerlei überall. Nein, nicht überall. Cottbus ist eine Stadt mit Charakter. Mit Ecken und Kanten und Besonderheiten, die andere Orte nicht haben. Das Festival ist so eine Besonderheit, die den Unterschied ausmacht. Das Festival des osteuropäischen Films lebt von starken Drehbüchern, fantasievollen Regisseuren, besonderen Schauspielern. Und von seiner Vielfalt. So dicht, wie bei der Preisvergabe am Wochenende Turn- und Glitzerschuhe beieinander standen, so unterschiedlich sind auch die dargebotenen Filme. Thematisch reicht die Spanne von der Erzählung über komisch-kauzige Senioren, die das Leben noch mal rocken wollen, bis zu einem düster-traurigen Film über einen jüdischen Jungen, der in der menschenverachtenden Zeit des Nationalsozialismus um sein Leben läuft. Beide Filme haben eines gemeinsam: Sie liegen neben der Spur. Sie passen nicht zum Einheitsbrei erfolgreicher Filmfabriken. Sie sind anders und drücken der Stadt und der gesamten Lausitz einen Stempel auf: Außergewöhnlich.
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