Lausitzer Rundschau: Zu EU-Gipfel/Kompromisse: Berlin und Paris zuerst
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu EU-Gipfel/Kompromisse:
Europa das galt jahrzehntelang als Fixstern der Außenpolitik. Spitzeneuropäer wie Helmut Kohl und Francois Mitterrand trieben den Einigungsprozess voran. Jede Entscheidung wurde daran gemessen, ob sie den Integrationsprozess der EU befördert. Auch die Italiener zogen mit, aus voller Überzeugung, war ihnen die EU doch eine rechte Herzensangelegenheit, wie es ihre Staatspräsidenten immer wieder formulierten. Heute muss man ernüchtert konstatieren: Die Zeiten sind vorbei. Der alte Elan ist im Gerangel des komplexen wie komplizierten Alltagsgeschäfts untergegangen. Kleinlich darum bemüht, nur ja nicht zu viel Kompetenzen nach Brüssel zu verlagern, treten ausgerechnet die Staatenlenker der mächtigsten Mitgliedsstaaten auf die Bremse. Mehr noch: Sie haben den Rückwärtsgang eingelegt. Von Berlin und Paris kommt nicht mehr grünes Licht, sondern die gelbe oder gar die rote Karte. Die Phase, in der sich Schröder und Chirac gram waren, über die Frage der EU- Agrarreform zutiefst gespalten, ist vergangen. In trauter Einigkeit signalisieren sie heute dem Rest der EU: Was interessieren uns die Verpflichtungen unserer Vorgänger? Wir akzeptieren nur Regeln, die wir selbst aufgestellt haben. Der Streit um den Stabilitäts- und Wachstumspakt ist da nur jüngstes einer ganzen Reihe eklatanter Beispiele. Mit Brachialgewalt hat das Duo im Pas de deux seine Interessen durchgesetzt. Und die darf man getrost nicht einmal als national bezeichnen. Denn die Lockerungsübungen, die man dem Pakt durch die Reform aufgezwungen hat, kommen nicht den Bürgern zugute. Sie sorgen unterm Strich nur dafür, dass Hans Eichel ein Stück weit mehr freie Hand hat beim Schulden machen. Und dass Gerhard Schröder die Schmach erspart bleibt, am Pranger der Haushaltssünder zu landen. Nein, unseren Politikern zählt das Wohl der Gemeinschaft nicht mehr viel. Paris und Berlin lassen sich Extrawürste braten und gehen dazu Allianzen ein, die nichts Gutes versprechen. Ob deutsches Dosenpfand und Landesbanken oder VW-Gesetz, zumeist prägt Nationales, ja kurzsichtiger Egoismus, das politische Handeln an Seine und Spree, nicht das Gemeinschaftliche. Auch bei der Dienstleistungsrichtlinie wird bereits niedergebügelt, was noch nicht einmal scharfe Konturen hatte. Ohne Rücksicht praktizieren Schröder und Chirac das Recht des Stärkeren, untergraben damit das Vertrauen der Partner und unterhöhlen die fragile Architektur der EU. Europa als Modernisierungsmotor stockt und das kommt uns auf Dauer alle teuer zu stehen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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