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Stuttgarter Zeitung: Akt der Notwehr
Leitartikel zu Stuttgart 21

Stuttgart (ots)

Was am Dienstag in Berlin geschehen ist, war nichts anderes als ein Akt der Notwehr eines in Bedrängnis geratenen Aufsichtsrats. Letztlich hatten die Kontrolleure des größten Staatskonzerns der Republik kaum eine andere Möglichkeit, als den Scheck über weitere zwei Milliarden Euro zu unterschreiben. Sie sind unter Druck geraten, weil sich Planer, Buchhalter und Entscheider der Bahn haarsträubende Fehler geleistet haben. All die Missstände von Stuttgart 21 zu reparieren wird den Steuerzahler teuer zu stehen kommen.

Umso wichtiger ist es nun, die richtigen Schlüsse aus der verzwickten Lage zu ziehen. Mit seinem Votum hat der Aufsichtsrat das Signal gegeben, dass die Bahn zu ihrer Verantwortung steht und die Kosten für die Fehlleistungen des eigenen Personals bezahlt. Daraus resultiert aber auch die Selbstverpflichtung, dass Schluss sein muss mit der Schludrigkeit, dem Tricksen und dem Täuschen. Die Bahn muss künftig all ihre Pläne und Zahlen offen auf den Tisch legen und plausibel begründen, warum sie was tun will.

Auf der anderen Seite haben die S-21-Gegner im Gewande der Projektpartner Land und Stadt jetzt mehr denn je die Pflicht, das Projekt zu fördern. Sie müssen dabei nicht aus Überzeugung handeln; nach all den Vorkommnissen der vergangenen drei Jahre noch eine Empathie für Stuttgart 21 zu entwickeln fällt auch dem nachdenklichen Teil der Befürworter schwer. Gleichwohl ist es höchste Zeit, die Verantwortlichen in Stadt und Land daran zu erinnern, dass sie sich verpflichtet haben, Schaden vom Volk abzuwenden. Das heißt konkret, dass auch Winfried Kretschmann und Fritz Kuhn alles dafür tun müssen, dass der Tiefbahnhof möglichst sicher und möglichst günstig gebaut werden kann.

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