Stuttgarter Zeitung: Steuerfall aus großer Höhe
Leitartikel zum Fall Hoeneß
Stuttgart (ots)
Die soziale Gerechtigkeit als Thema soll Peer Steinbrück ins Kanzleramt bringen. "Die Privilegierten müssen aufpassen, dass sich nicht oben oder unten in Deutschland Parallelgesellschaften entwickeln", lautet sein Kredo, und seine Antwort darauf heißt unter anderem: Wiedereinführung der Vermögensteuer, ein höherer Spitzensteuersatz und eine verschärfte Erbschaftsteuer. Hoeneß liefert dem bis dato glücklosen Steinbrück mit seiner Steuerhinterziehung nun gratis und frei Haus die Rechtfertigung dafür.
In der Tat bestätigt Hoeneß, der bisher gern selbst den Zeigefinger moralisch zur Belehrung erhoben hat, alle Vorurteile gegenüber einer abgehobenen Elite, die ihre Steuerschuld allzu frei gestaltet. Warum er, der ja durchaus sozial Engagierte, sich seiner Verantwortung als Steuerzahler entzogen hat, bleibt rätselhaft. Allerdings sollte man noch ein Weilchen warten, bevor man endgültig den Stab über Hoeneß bricht. Er hat in seinem bisherigen Leben nicht nur viel geleistet, sondern auch ein großes Herz bewiesen. Er hat sich - das jedenfalls ist bisheriger Kenntnisstand - aus freien Stücken selbst angezeigt. Und es soll ja hochangesehene Deutsche geben, die hierzulande gar keine Steuern mehr zahlen, ohne dass dies ihrem öffentlichen Ansehen abträglich wäre. Die Rennfahrer Michael Schumacher und Sebastian Vettel etwa zahlen ihre Steuern schon lange in der Schweiz.
Oder auch Franz Beckenbauer, die Lichtgestalt des deutschen Fußballs und interessanterweise Vorgänger von Uli Hoeneß als Präsident des FC Bayern, bevorzugt seit 30 Jahren das deutlich preisgünstigere Österreich, um seine Steuerschuld zu begleichen. Stringent ist eine so unterschiedliche Wahrnehmung nicht. Und doch: Uli Hoeneß hat mit seinem Handeln seinen Ruf zerstört und womöglich noch mehr. Ob er seinen Posten als Präsident des FC Bayern behalten kann, ist mehr als fraglich.
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