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Chip, Chip, hurra?
Zu Karneval rührt die Industrie die Werbetrommel
Aktuelle Messungen zeigen hohe Acrylamidbelastungen

Chip, Chip, hurra? / Zu Karneval rührt die Industrie die Werbetrommel / Aktuelle Messungen zeigen hohe Acrylamidbelastungen
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Berlin (ots)

Leider war es kein Karnevalsscherz: Chipshersteller
meldeten einen Rückgang der Acrylamidbelastungen in ihren Produkten
um 15 Prozent als Erfolg. Jetzt zur Faschingszeit werben sie wieder
intensiv um Käufergunst. Eine aktuelle Untersuchung von foodwatch
dokumentiert dagegen: Nach wie vor sind Chips sehr hoch mit Acrylamid
belastet. Ein Vergleich der Messungen vom Februar 2003 mit
Untersuchungen vom Juli 2002 zeigt: Sechs von sieben Produkten sind
heute gleich oder gar höher belastet.
foodwatch hat jeweils zwei Proben von zehn verbreiteten
Kartoffelchips-Produkten ins Labor gebracht. Die Ergebnisse sind
ernüchternd:
- 9 von 20 Proben weisen Acrylamid-Werte von über 1.000 Mikrogramm
     pro Kilogramm auf
   - Bekannte Produkte wie "Chio Chips Red Paprika", "Pringles
     Paprika", oder "Rusti Crusti Croc paprika" sind stark belastet,
     ebenso die Bio-Chips des belgischen Herstellers "Tra'fo NV 
     Belgie"
   - der niedrigste Messwert lag bei 365, der höchste bei 2.871
     Mikrogramm pro Kilogramm. (Messungen durch das       
     Naturwissenschaftliche Forschungs- und Untersuchungslaboratorium
     NAFU, Berlin)
In einem Brief vom 15. Januar 2003 teilte der "Bundesverband der
Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) e.V. Fachsparte Knabberartikel"
foodwatch dagegen mit: "Der Acrylamid-Gehalt von Kartoffelchips liegt
derzeit durchschnittlich zwischen 500 und 600 Mikrogramm pro
Kilogramm (...)." foodwatch sieht hierin eine Irreführung:
"Verbrauchern wird die Möglichkeit vorenthalten, durch gezielte
Produktwahl die Acrylamidbelastung um mehr als den Faktor zehn zu
senken. Hersteller und Handel müssen endlich die Belastungswerte
veröffentlichen", verlangt foodwatch-Sprecher Carsten Direske.
Das fordert auch der Kölner Pharmakologe Professor Edgar Schömig:
"Gerade weil das Gesundheitsrisiko von Acrylamid sich nicht exakt
abschätzen lässt, müssen die Menschen über die Belastungen der
einzelnen Produkte informiert werden. Am besten können Verbraucher
sich schützen, wenn sie wissen, welche Chips hoch und welche niedrig
belastet sind".
Kinder und Jugendliche besonders gefährdet
Aufgrund des Konsumverhaltens hält das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) besonders Kinder und Jugendliche für gefährdet:
"Die Acrylamid-Belastung könnte daher zwei- bis dreifach höher sein
als beim Erwachsenen", schätzt das BfR. Zur Karnevalszeit werden
Chips von Handel und Herstellern intensiv beworben. Kinder und
Jugendliche sind eine wichtige Zielgruppe für die
Knabberartikel-Industrie, wie die Spots und Internetseiten der
Hersteller zeigen.
"Gerade das Wohl von Kindern und Jugendlichen sollte das
Verbraucherministerium besonders im Auge haben. Renate Künast kann
nicht einerseits an die mündigen Verbraucher appellieren, diesen aber
gleichzeitig wesentliche Informationen vorenthalten. Die Regierung
gefährdet damit die Gesundheit der Verbraucher zugunsten
wirtschaftlicher Interessen. Die Testergebnisse zeigen, dass das
Minimierungskonzept der Regierung falsch ist", so Carsten Direske.
Das "Minimierungskonzept" der Bundesregierung
Anhand von so genannten Signalwerten soll die stufenweise
Minimierung unerwünschter Acrylamidgehalte in Lebensmitteln erreicht
werden. Diese "Signalwerte" wurden auf nicht näher bestimmte Weise
durch das neue Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) für sechs verschiedene Warengruppen aus
ca. 400 Untersuchungsergebnissen ermittelt und zwischenzeitlich
einmal angepasst:
Signalwerte (in Mikrogramm pro Kilogramm, erster Wert bis Januar
03, zweiter Wert ab Januar 03)
   - Kartoffelerzeugnisse, incl. Chips (1500/1200) 
   - Pommes frites verzehrfertig (770/570) 
   - Feine Backwaren aus Mürbeteig (800/660) 
   - Kaffeepulver (370/370) 
   - Knäckebrot (610/610) 
   - Frühstückscerealien (260/260)
Die 10 Prozent der höchstbelasteten Hersteller einer Produktgruppe
werden benachrichtigt und gebeten, gemeinsam mit lokalen
Überwachungsbehörden "zu prüfen, ob bzw. welche Änderungen an der
Rezeptur oder am Herstellungsverfahren möglich sind, um ein Absenken
der Acrylamidgehalte zu erreichen. (...) Bei Werten oberhalb von 1000
Mikrogramm pro Kilogramm sollen grundsätzlich alle Produkte in die
Minimierungsbemühungen einbezogen werden..." (Quelle: Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit)
Hersteller sorgen sich um den Chips-Umsatz
Im Jahr 2001 produzierten die deutschen Hersteller laut BDSI
Kartoffelchips und -sticks im Wert von 270 Millionen Euro (plus 8,7
Prozent). Der Markt ist zu 95 Prozent in deutscher Hand. Neuerdings
klagen Hersteller wie Bahlsen-Lorenz über Umsatzrückgänge von 17
Prozent, daher werden die Marktdaten der letzten Quartale mit
Spannung erwartet. "Andere Branchen gehen offener mit Problemen um,
damit das Vertrauen der Konsumenten keinen Schaden nimmt. Diese
Einsicht fehlt der Branche, die zum ersten Mal seit Jahren keine
satten Umsatzsteigerungen mehr verzeichnet", urteilt Carsten Direske.
Weitere Informationen und Tabelle mit Messwerten unter
www.foodwatch.de

Pressekontakt:

foodwatch e.V.
Carsten Direske
direske@foodwatch.de
Tel. 030/240 476-19
Fax 030/240 476-26

Original-Content von: foodwatch e.V., übermittelt durch news aktuell

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