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Verbrauchertäuschung mit irreführenden Werbeversprechen: Oft Greenwashing statt echter Klimaneutralität
Berlin (ots)
Laut Umfragen investieren fast drei Viertel der deutschen Unternehmen in die Klimaneutralität ihrer Produkte oder planen das für die Zukunft.
Die Hersteller wollen umweltbewusste Kund:innen ansprechen und werben immer öfter mit ihrem Öko-Engagement. Für Martin Baumann vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ist das zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn die ganze Welt in den nächsten Jahrzehnten von ihren Emissionen runter will, müssten auch die Konsumgüter-Hersteller mitziehen, fordert er im rbb. Er kritisiert jedoch, "... dass sehr viele Unternehmen das eher als Marketingstrategie verwenden" und sich "einfach einen grünen Anstrich verpassen."
Eine Recherche der rbb-Sendung SUPER.MARKT hat ergeben, dass es Verbraucher:innen schwer gemacht wird, bei irreführenden Werbebotschaften zwischen Greenwashing und echtem Umweltschutz zu unterscheiden. Die Redaktion hat mehrere Produkte unter die Lupe genommen, die ausdrücklich mit ihrer Klimaneutralität werben, darunter Süßigkeiten, Bücher, Heizöl und Drogerieprodukte.
Professor Matthias Finkbeiner von der TU Berlin (Leiter des Fachgebietes Sustainable Engineering am Institut für Technischen Umweltschutz) kommt zu einem ernüchternden Fazit: In den meisten Fällen wird auf preiswerte Kompensationszahlungen gesetzt statt auf Vermeidung von CO2-Ausstoß bei Herstellung und Transport. Die Prioritäten müssten anders gesetzt werden, fordert er im rbb-Fernsehen: "Man soll seine Stoffverbräuche, seine Energieverbräuche, die eigene Treibhausgas Bilanz erst mal optimieren und reduzieren." Bei Ausgleichszahlungen hingegen gehe es lediglich um "eine rechnerische Größe. Waldschutz verhindert, dass abgeholzt wird. Das heißt aber nicht, dass CO2 effektiv von der Atmosphäre zusätzlich rausgeholt wird."
In einer (nicht repräsentativen) Straßenumfrage des Verbrauchermagazins SUPER.MARKT ist nur jedem Dritten klar, dass die offensiv beworbene Klimaneutralität vor allem über Kompensationszahlungen erreicht wird. Besonders irreführend wirbt ein Berliner Händler, der für "klimaneutrales Heizöl" einen Aufschlag berechnet, für diesen fossilen Brennstoff jedoch auch nur Kompensationszahlungen leistet. Umweltexperte Finkbeiner ordnet das dem Bereich Greenwashing zu: "Gerade bei so einem Produkt, was unmittelbar mit fossilen CO2-Emissionen verbunden ist, erwarten wir natürlich dann schon signifikante Anstrengungen auch der Reduktion, indem es zum Beispiel durch irgendwelchen Abfall generierten Öle oder biologische Öle ersetzt wird und nicht eine reine Kompensation durchgeführt wird."
Keiner der Hersteller wollte dem rbb auf die Frage antworten, wie viel Geld sie jeweils in Klimaschutzprojekte investieren. Genau das sei jedoch der Knackpunkt, kritisiert Finkbeiner: "Da würde ich mir mehr Transparenz wünschen. Da wird es interessant zu sehen, wer auf billige Kompensation setzt und sich als klimaneutral feiert und wer deutlich mehr investiert."
Klar definierte Standards für den Begriff Klimaneutralität werden zurzeit erarbeitet, doch frühestens von der nächsten Regierung verabschiedet.
Mehr Informationen: rbb-Fernsehen, 8.11.2021, 20.15 Uhr im Verbrauchermagazin SUPER.MARKT, anschließend unter rbb-online.de/supermarkt.
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