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WVZ Wirtschaftliche Vereinigung Zucker

EU-Zuckermarkt: Kommissionspläne für eine Reform der Zuckermarktordnung treffen auf entschiedene Ablehnung

Berlin (ots)

Die Pläne der EU-Kommission zur Neugestaltung des
europäischen Zuckersektors gehen weit über die tatsächlichen
Notwendigkeiten für eine Anpassung des Systems hinaus und gefährden
die Zukunft des Zuckerrübenanbaus und der Zuckererzeugung in vielen
Regionen Europas. Der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung
Zucker, Dr. Hans-Jörg Gebhard, bezeichnete die am 14. Juli von der
Kommission verabschiedeten Reformvorschläge anlässlich einer
Pressekonferenz der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ) in
Berlin als nicht akzeptabel. Seit Mitte Juni, als die Überlegungen
der Kommission erstmals bekannt geworden sind, befinden sich hundert
Tausende von Landwirten in Sorge um die Zukunft ihrer Betriebe. "Wenn
die Kommission mit einem derartigen Vorschlag die Existenz unserer
Betriebe und vieler Arbeitsplätze im ländlichen Raum in Frage stellt,
muss sie mit unserem entschiedensten Widerstand rechnen. Wir sind
nicht bereit, unsere Position als Produzenten eines hochwertigen,
nachhaltig und umweltschonend hergestellten Lebensmittels kampflos
solchen Wettbewerbern zu überlassen, die ihre dominierende Rolle auf
dem Weltmarkt auf der Basis von Standards erreicht haben, die man
sich für die europäischen Landwirtschaft auch aus Verbrauchersicht
nicht wünschen sollte", so der WVZ-Vorsitzende.
Kritik an der geplanten Reform übte auf der Pressekonferenz auch
S. E. Mohurrlall Haton, Botschafter der Republik Mauritius in
Deutschland: "Für Mauritius und andere AKP-Staaten hat der
Zuckerexport nach Europa zu den garantierten EU-Preisen eine
überragende wirtschaftliche Bedeutung. Im Abkommen von Cotonou hat
sich die EU im Jahr 2000 verpflichtet, die Vorteile der
Präferenzregelung zu erhalten. Andererseits hat Mauritius einen
Reformprozess seiner Zuckerindustrie eingeleitet. Zum jetzigen
Zeitpunkt befinden wir uns in einer Übergangsphase, doch der
Vorschlag der Kommission, die Preise in zwei Jahren um 37 Prozent zu
senken, wird die Industrie zerstören."
Die Auswirkungen des Vorschlags
Die geplanten Senkungen der Rübenmindestpreise um insgesamt 37 %
werden trotz der vorgeschlagenen Ausgleichszahlungen von 60 % dazu
führen, dass der Zuckerrübenanbau auch in zahlreichen Regionen der EU
unrentabel wird. Damit wird nicht nur vielen Betrieben die wichtigste
Säule ihres Einkommens genommen, sondern gleichzeitig wird auch die
Versorgung der Zuckerfabriken mit dem Rohstoff Zuckerrübe gefährdet.
Der von der Kommission als Umstrukturierungsbeihilfe vorgeschlagene
Betrag von 250 Euro je t Zuckerquote für die Zuckerindustrie reiche
bei weitem nicht aus, um daraus Industrie und Rübenanbauer für den
Verlust ihrer Produktionsmöglichkeiten und die damit verbundenen
hohen Aufwendungen zu entschädigen.
Als "völlig unzureichend" bezeichnet Gebhard deshalb auch die
geplante Kompensationsregelung für die Rübenerzeuger in Europa:
"Unter den neuen Rahmenbedingungen wäre Zuckerrübenanbau nur noch an
besonders ertragsstarken Standorten möglich. Tausende Landwirte
würden ihre Existenz verlieren, zahlreiche Zuckerfabriken müssten
schließen. Gerade die strukturschwachen ländlichen Gebiete in Europa
würden empfindlich geschwächt."
Ebenso wie mit ihren Vorschlägen zur Reduzierung der
Preisgarantien schlage die Kommission auch hinsichtlich des Umfangs
der vorgeschlagenen Quotenkürzung einen verhängnisvollen Weg ein.
"Wer bereits im Zuge einer noch laufenden WTO-Verhandlung derartige
Zugeständnisse und noch dazu ohne Gegenleistung signalisiert, kann in
der Regel nicht mit einem Entgegenkommen beim Endspurt rechnen".
Das von der Kommission vorgeschlagene Vorziehen der Reform auf den
1. Juli 2005 strafe zudem alle Unternehmen, die im Rahmen
langfristiger Investitionen auf Vertragssicherheit gebaut haben. Die
Zuckerwirtschaft sieht darin einen eklatanten Vertrauensbruch und
lehnt ein Vorziehen strikt ab. Die viel zu kurze Laufzeit und der
bereits für 2008 anvisierte nächste Review nähmen dem Sektor jegliche
mittel- und längerfristige Planungssicherheit.
Nach den Worten von Dr. Gebhard sieht auch die Zuckerwirtschaft
die aus internationalen Abkommen resultierenden Notwendigkeiten für
eine Weiterentwicklung der europäischen Zuckerpolitik. Die Branche
erkenne die Verpflichtungen der EU im Rahmen der WTO sowie
bestehender und geplanter Freihandelsabkommen an. Doch kämen die
EU-Pläne zum falschen Zeitpunkt und gingen "weit über die
tatsächlichen Reformerfordernisse hinaus".
Weitreichende Konsequenzen hätte die geplante Reform aber auch für
die Handelspartner der Europäischen Union in den AKP-Ländern (Afrika,
Karibik, Pazifik). So müssten zahlreiche Entwicklungsländer bereits
wenige Jahre nach Öffnung des europäischen Marktes feststellen, dass
die ihnen gewährten Präferenzen offensichtlich einer gewaltigen
Erosion unterliegen und ihre bisherigen infrastrukturellen
Investitionen und die weitere Entwicklung gefährdet sind. Ohne die
begünstigte Einfuhr in die Gemeinschaft wären die meisten Länder
nicht in der Lage, durch den Export von Zucker Devisen zu
erwirtschaften.
Botschafter Mohurrlall Haton: "Die stabilen und kalkulierbaren
Einnahmen aus dem Zuckerexport in die EU sind ein wichtiger Faktor
für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung aller
AKP-Ausfuhrländer. Ihr Wegfall würde die Volkswirtschaften hart
treffen und eine große Zahl von Arbeitsplätzen vernichten."
Nach Einschätzung der WVZ würden von der geplanten Reform einige
wenige große Anbauländer profitieren, insbesondere Brasilien.
Brasilien ist der mit Abstand weltgrößte Produzent und Exporteur von
Zucker. Das Land hat seinen Weltmarktanteil (25 Prozent) seit Anfang
der neunziger Jahre nahezu verzehnfacht. Es ist damit maßgeblich für
die strukturellen Überschüsse und den fortgesetzten Preisverfall auf
dem Weltzuckermarkt verantwortlich. Die EU hat ihren Marktanteil
dagegen von 22 auf 17 Prozent reduziert und den Weltzuckermarkt
stabilisiert.
Der WVZ-Vorsitzende erneuerte die Bereitschaft seiner Branche zur
Mitarbeit an einer Weiterentwicklung des Systems: "Wir sind bereit,
unsere Produktion noch stärker auf den Eigenbedarf der EU
auszurichten, wenn der dadurch gewonnene Spielraum dann dazu genutzt
wird, nach dem Vorbild der AKP-Staaten die am wenigsten entwickelten
Länder in das europäische Quotensystem einzubeziehen und mit ihnen
feste Einfuhrgarantien zu für beide Seiten kostendeckenden Erlösen zu
vereinbaren."
Die deutsche Zuckerwirtschaft appelliert an den Ministerrat, dem
Reformvorschlag der Kommission nicht zu folgen und eine
wirtschaftlich verträgliche Lösung zum gegebenen Zeitpunkt
herbeizuführen.

Pressekontakt:

Wirtschaftliche Vereinigung Zucker
Dr. Dieter Langendorf
Tel.: 0228-2285-115
Fax: 0228-2285-102

Original-Content von: WVZ Wirtschaftliche Vereinigung Zucker, übermittelt durch news aktuell

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