Alle Storys
Folgen
Keine Story von BERLINER MORGENPOST mehr verpassen.

BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Die Regierung wird zu ihrem Glück gezwungen

Berlin (ots)

Welch schönes Weihnachtsgeschenk für Millionen
Pendler! Welche Ohrfeige für einen gefräßigen Staat, der dem Bürger 
immer unverhohlener ans Portemonnaie geht. Das 
Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zur Pendlerpauschale 
den Staat einmal mehr in seine Schranken verwiesen, ihm Willkürakte 
gegenüber den Bürgern strikt untersagt. Denn den Weg zum Arbeitsplatz
nicht länger vom ersten, sondern erst vom 21.Kilometer an 
steuerlich zu entlasten und das allein mit dringend nötigen höheren 
Staatseinnahmen zu begründen sei eine mangelhafte Argumentation, dazu
ungerecht und willkürlich.
Dabei hätte die große Koalition, allen voran Bundesfinanzminister 
Peer Steinbrück (SPD), gewarnt sein müssen. Mahnungen von Experten 
aller Schattierung hatte es reichlich gegeben. Doch Steinbrück wollte
mit dem Kopf durch Wand. Nun hat er, der in der gegenwärtigen 
Finanzkrise bislang eine vertrauenerweckende Rolle spielt und in der 
Gunst des (Wähler-)Publikums ziemlich weit nach oben gerutscht ist, 
eine ziemlich dicke Beule am Kopf.
Dennoch kommt das Urteil der Koalition insgesamt zum jetzigen 
Zeitpunkt nicht ganz ungelegen. Bis Ende nächsten Jahres werden 
Steuerrückzahlungen von rund 7,5 Milliarden Euro fällig, die ersten 
Milliarden für die Jahre 2007 und 2008 sollen bis zum Mai nächsten 
Jahres fließen. Ein erzwungenes Konjunkturprogramm zur Belebung der 
Binnenwirtschaft, über das die Parteien bislang ohne Aussicht auf ein
Ergebnis nur gestritten haben. Mancher, in diesem Fall die 
Bundesregierung, wird halt zu seinem Glück gezwungen. So frohlockt 
denn auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die aus Rücksicht auf 
den Koalitionspartner SPD der CSU während des bayerischen 
Landtagswahlkampfs noch jedes Entgegenkommen zur Reduzierung der 
Pendlerpauschale verweigert hatte: Das Karlsruher Urteil sei die 
richtige Antwort auf die jetzige Wirtschaftssituation. Warum nur 
werden die Politiker immer erst klüger, wenn die Verfassungsrichter 
ihnen juristischen Nachhilfeunterricht geben?
Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Wächter über unsere 
Verfassung als Retter der Bürger vor einem allzu gefräßigen Staat in 
die Bresche springen. So mussten in jüngerer Zeit auf Geheiß der 
Richter der Familienlastenausgleich steuerlich nachgebessert, die 
Vermögensteuer gestrichen und ab 2010 Krankenkassenbeiträge 
steuerlich absetzbar gemacht werden. Und mit der jüngst beschlossenen
Erbschaftsteuerreform dürfte bald das nächste Gesetz in Karlsruhe 
landen.
Wann endlich finden die großen Parteien den Mut, Deutschlands 
Steuer-Dschungel, den dichtesten der Welt, mit einer extrascharfen 
Machete zu lichten? Die nächste Regierung wird vermutlich eine 
veränderte Pendlerpauschale, was das Verfassungsgerichtsurteil 
ausdrücklich erlaubt, ausarbeiten. Sie sollte es dabei nicht 
belassen. Überfällig ist eine grundlegende Steuerreform, die einfach,
verständlich, gerecht und leistungsfördernd ist.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
  • 08.12.2008 – 19:39

    Berliner Morgenpost: Die Piraten werden nicht zittern, sondern lachen

    Berlin (ots) - Deutschland als führende Exportnation ist ganz besonders auf sichere Verkehrswege angewiesen. Das gilt zu Lande, in der Luft und vor allem auf den Meeren. Über sie werden mehr als 90 Prozent aller internationalen Warentransporte abgewickelt. Schon aus eigenem Interesse konnte Deutschland deshalb nicht in Betracht ziehen, sich dem ...

  • 06.12.2008 – 19:10

    Berliner Morgenpost: Das Phänomen der Schwarzmalerei

    Berlin (ots) - Einer der spannendsten Versuche der Motivationspsychologie ist das sogenannte Rosenthal-Experiment. Als junger Harvard-Professor besuchte der in Deutschland geborene und vor den Nationalsozialisten in die USA geflüchtete Forscher Robert Rosenthal in den Sechzigerjahren eine Volksschule in einer sozial schwachen Gegend San Franciscos. Dem Direktor erklärte Rosenthal, er habe eine Methode erfunden, ...

  • 05.12.2008 – 18:59

    Berliner Morgenpost: Das riskante Spiel des Berliner Senats

    Berlin (ots) - Es rappelt wieder zwischen SPD und Linkspartei in der Berliner Koalition. Die Linke lehnt den Kompromiss zur Erbschaftsteuer als ungerecht und unsozial ab. Deshalb hätte sich nach ihrer Lesart Berlin im Bundesrat enthalten sollen. Weil das nicht geschah, sieht Linken-Landeschef jetzt die Zusammenarbeit als gefährdet und das Vertrauensverhältnis in der Koalition als belastet an. Aber Klaus ...